Obama sichert Israel Unterstützung zu

Obama sichert Israel Unterstuetzung
Obama sichert Israel Unterstuetzung(c) EPA (JIM HOLLANDER)
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Der US-Präsident rief die Palästinenser ohne Gegenbedingungen zu Friedensgesprächen auf. Die Israelis setzte er nicht unter Druck.

Jerusalem. Nach jedem Satz klatschen die israelischen Studenten im Jerusalemer Convention Center frenetisch Beifall, alle paar Minuten springen sie vor Begeisterung von ihren Sitzen. US-Präsident Barack Obama ist am Donnerstag bei seiner mit Spannung erwarteten Rede vor jungen, handverlesenen Israelis gefeiert worden wie ein Superstar. 25 Minuten lang umschmeichelte Obama sein Publikum, ließ nichts aus, was in Israel bedeutend, schön oder beeindruckend ist.

Erst nach einer knappen halben Stunde und nachdem er den Israelis auf Hebräisch und auf Englisch versichert hat, „ihr seid nicht allein“, fällt zum ersten Mal das Wort „Palästinenser“. Der US-Präsident, der Israel erst nach über vier Jahren im Amt zum ersten Mal besucht, erinnert sein israelisches Publikum daran, dass es bei allen Erfolgen des israelischen Hightech-Sektors und angesichts aller Unruhen und Revolutionen in der Region ein Thema fast schon vergessen hat: Frieden mit den Palästinensern.

„Versetzt euch mal in ihre Lage“, forderte er seine Zuhörer auf. „Es ist nicht fair, dass ein palästinensisches Kind nicht in seinem eigenen Staat aufwachsen kann.“ Zum ersten Mal sprach Obama in Israel von den Leiden der Palästinenser, ihrer stark eingeschränkten Bewegungsfreiheit, ihren begrenzten Möglichkeiten, von Ausweisungen und sogar davon, dass Siedler sie ungestraft misshandeln können. „Das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und auf Gerechtigkeit muss anerkannt werden“, sagte er. Besatzung sei keine Antwort auf den Konflikt.

Druck von unten

Dem Ministerpräsidenten, Benjamin Netanjahu, hat er Vergleichbares nicht ins Stammbuch geschrieben. Direkten Kontakt zur Bevölkerung aufzunehmen, sich an die Menschen zu wenden – das entspricht Obamas Politikstil, wenn er anders nicht weiterkommt. Er hofft, die Bevölkerung zu überzeugen, um so sein Ziel zu erreichen – auch in den USA. „Politische Führer werden nie Risken eingehen, wenn die Bevölkerung sie nicht dazu drängt“, so Obama. Er forderte die Israelis dazu auf, der Politik Druck zu machen für einen neuen Friedensprozess.

Zur Enttäuschung der Palästinenser setzte er aber die israelische Regierung nicht selbst unter Druck, sondern betonte vielmehr, dass nur die Israelis selbst für sich Entscheidungen treffen könnten. Obama, der in der Vergangenheit von Israel auch schon einmal streng einen Siedlungsstopp verlangt hatte, hielt sich bei seinem Besuch in Ramallah im Westjordanland zurück. Er sagte zwar, er verstehe, dass die Palästinenser „frustriert“ seien. Der israelische Siedlungsbau sei weder „konstruktiv“ noch „angemessen“. Er verurteilte ihn aber nicht als illegal. Vor allem forderte Obama die Palästinenser auf, nicht auf einem Baustopp zu bestehen, sondern ohne Vorbedingungen mit den Israelis zu verhandeln. „Man kann mit direkten Verhandlungen nicht warten, bis alle Hindernisse aus dem Weg geräumt sind.“

Versteinerter Blick

Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas blickte versteinert in die Gesichter der Journalisten, während Obama immer wieder bei seinen Ausführungen stockte und vorsichtig, als laufe er durch ein verbales Minenfeld, seine Worte abwog. Direkte Verhandlungen seien nötig, um ungeklärte Probleme auf den Tisch zu bringen, betonte er. „Die Siedlungsfrage wird geklärt werden. Ich will das Pferd nicht von hinten aufzäumen.“

Abbas blieb anschließend nur zu wiederholen, dass die Siedlungen aber wirklich illegal seien und die Palästinenser sie ablehnten. „Jeder sieht die Siedlungen als mehr als nur eine Hürde für eine Zweistaatenlösung an“, sagte er knurrend. Und als er dann anfing, die UN-Sicherheitsratsresolutionen aufzuzählen, brach selbst der arabische Nachrichtensender al-Jazeera die Live-Übertragung ab. Welch eine Demütigung für den amtsmüden Präsidenten.

Die Palästinenser dürften sich von Obamas Auftritt in Ramallah in ihrer großen Skepsis bestätigt fühlen. Symbolisch für das von den Palästinensern beklagte Ungleichgewicht und die tief empfundene Ungerechtigkeit ist allein schon das Zeitvolumen. Wem der US-Präsident sie widmet, sagt viel aus. Gerade einmal fünf Stunden des dreitägigen Nahostbesuchs verbringt er auf palästinensischer Seite: am Donnerstag drei Stunden in Ramallah bei Abbas und am Freitag zwei Stunden bei der Besichtigung der Geburtskirche in Bethlehem.

Bei Obamas Treffen mit Netanjahu hatte Israels Premier ohnehin ein ganz anderes Thema in den Vordergrund gestellt: Irans Atomprogramm. Und der US-Präsident hatte zur Genugtuung Netanjahus am Mittwoch gesagt, Israel brauche sich für einen Militärschlag gegen die iranischen Nuklearanlagen kein Grünes Licht in Washington holen. Die Antwort aus Teheran kam am Donnerstag: Der oberste religiöse Führer Ali Khamenei drohte, der Iran werde im Falle eines solche Angriffs die israelischen Städte Tel Aviv und Haifa auslöschen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2013)

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