Feiern. Er fotografiert feiernde Menschen und stellt die Bilder ins Web: unterwegs mit einem Partyfotografen.
Die Musik ist laut, das Licht gedämpft, es wird getanzt, wer nicht auf der Tanzfläche steht, hat ein Bier oder einen Cocktail in der Hand. Es wird gefeiert in Wiens Clubs. Und fotografiert. Denn kaum ein Lokal, in dem nicht ein Partyfotograf herumgeht und all die Gäste – manchmal einzeln, meist aber in Gruppen – vor die Kamera bittet. Im ersten Lokal, dem Biero, ist es zu Beginn des Abends noch eher ruhig. Die Menschen trinken, reden. Doch kaum ist die Kamera zu sehen, werden die Haare zurechtgezupft, ein Lächeln aufgesetzt – und klick. Das Ergebnis wird kurz kontrolliert, schon marschiert der Fotograf in den nächsten Club.
Es klingt nach dem Traum eines jeden Studenten. Gratiseintritt in Clubs, VIP-Pässe zu exklusiven Partys, jede Menge Gratisalkohol. Jeder, der eine geeignete Kamera besitzt, kann einsteigen. Eine Ausbildung braucht man nicht. Freundlich sollte man eben sein. Und kommunikativ. Als Partyfotograf lernt man ständig Leute kennen, das gehört zur Job Description. Nach wenigen Tagen oder Wochen Einschulung mit einem erfahrenen Fotografen als Begleiter geht es los.
Die Hemmungen schwinden. Im nächsten Club ist die Musik schon lauter, das Licht greller, die Menschenmenge bewegt sich. Die Hemmungen lassen nach. Statt Haaren werden für die Fotos Hände, Lippen und Zungen bewegt. Die Distanz schwindet. Ob man sich dabei sehr peinlich verhalten hat? Spätestens am nächsten Tag weiß man es – mit einem Blick ins Internet, auf die Partyfoto-Seiten.
Die Fotografen, die das Wiener Nachtleben dokumentieren, verdienen 15 Euro pro Location. Manchmal sind es drei Clubs pro Nacht, manchmal auch zehn. Georg Zimmermann, heute 29, hat im Alter von 20 damit angefangen. Zuerst fotografierte er für die Seite Clubinfo.tv, nach drei Jahren führt er das deutsche Portal Virtualnights.com in Österreich ein. Partyfotograf ist sein Traumberuf: „Party ist mein Leben!“ Noch heute genieße er Partys genau wie früher. Und er ist glücklich, einen Job gefunden zu haben, der so gut zu ihm passt. Wobei: Die Konkurrenz ist in den letzten Jahren schon härter geworden.
Gelegentlich muss man sich in den Lokalen mit aggressiven Partygästen herumschlagen. Und doch, die eine oder andere nette Bekanntschaft findet sich trotzdem immer wieder.
Keine Angst vor Konsequenzen. Warum lässt man sich beim Fortgehen überhaupt ablichten? „Ist mir egal“, heißt es immer wieder. Für die meisten ist es längst selbstverständlich, dass Fotos gemacht und online gestellt werden. Das war schon immer so. Wo die Bilder landen? Wer sie sehen kann? Ob sie für immer online sind? Das bereitet kaum jemandem Sorgen. Im Gegenteil: Ist das Bild gut, wird es gleich auf Facebook gepostet. Nur die wenigsten denken über mögliche negative Konsequenzen nach – das Bild könnte ja auch jemand sehen, für den es nicht gedacht ist. Immerhin: Auf den Partyfoto-Portalen gibt es Lösch-Buttons. Man muss sie nur finden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.06.2013)