ÖGB-Kongress: Hiebe für Faymann und „Millionäre“

ÖGB-Kongress Faymann
ÖGB-Kongress Faymann(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Für die ÖVP stellt der Kanzler ohne Dialog mit der Lehrergewerkschaft seine Regierungsfähigkeit infrage. Die SPÖ wirft Spindelegger „Durchsetzungsschwäche“ vor und beschwört Zusammenhalt.

Wien/Ett. „Unsere Mission: Gerechtigkeit.“ Das auf dem Weg zum Wiener Austria Center plakatierte Motto des 18.Bundeskongresses des ÖGB kündigt Kontroversen um „Reichensteuern“ an. Die Emotionen gingen am Dienstag bei den getrennten Fraktionstagungen der schwarzen Christgewerkschafter (FCG) und der SPÖ-Gewerkschafter (FSG) dann jedoch wegen der jüngsten Drohung von Bundeskanzler SPÖ-Chef Werner Faymann hoch, notfalls ein neues Lehrerdienstrecht auch ohne Einigung mit den Lehrergewerkschaftern im Parlament zu beschließen.

Die Breitseite des Zweiten Nationalratspräsidenten und Beamtengewerkschafters Fritz Neugebauer (ÖVP) gegen Faymann war noch erwartbar. Der mit 92,1Prozent erneut gekürte FCG-Chef Norbert Schnedl hatte Neugebauer als „gefürchtet“ begrüßt. Wenn ein sozialdemokratischer Kanzler meine, „der soziale Dialog ist dann zu Ende, wenn es ihm passt, dann ist er für diese verantwortungsvolle Position fehl am Platz“, donnerte Neugebauer unter heftigem Beifall in den Saal.

In Wahlkampfmanier legte nur eine Stunde nach dem Ministerrat Vizekanzler ÖVP-Chef Michael Spindelegger ungewöhnlich scharf nach: Er sei „entsetzt“, wenn der Regierungspartner sage: „Ich fahre über die Sozialpartner drüber.“ In der Tonart ging es weiter: „Ich bitte euch, das muss auch kritisiert werden an diesem Bundeskanzler, an diesem Werner Faymann.“ Und: „Ist das wirklich ein Bundeskanzler für das Land? Nein.“ Den Lehrern versicherte er: „Das kommt mit mir nicht.“

Katzian: „Steueroase“ Österreich

Faymann selbst klammerte in seiner Rede vor den SPÖ-Gewerkschaftern diese Angriffe ganz aus. Stattdessen konterte SPÖ-Klubchef Josef Cap in einer Aussendung. Er warf Spindelegger „parteiinterne Durchsetzungsschwäche“ vor.

Angesichts der Konfrontation um die Lehrer rückte sogar der koalitionäre Dauerkonflikt um Reichen- und Erbschaftssteuer etwas in den Hintergrund. Österreich sei einer „Steueroase für Reiche“, wetterte der Chef der SPÖ-Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, der bei seiner Wiederwahl 97,2 Prozent erhielt. Für ihn ist die ÖVP „die Partei der Millionäre“.

„Zeit für einen Kanzlerwechsel“

Spindelegger wies die ÖGB-Forderung nach einer Erbschaftssteuer ab 150.000 Euro zurück: „Das heißt, das Elternhaus, das einmal übergeben wird, wird besteuert.“ Wie sehr das Thema zur Mobilisierung im Nationalratswahlkampf dient, wurde in der Wortmeldung von Innenministerin ÖAAB-Chefin Johanna Mikl-Leitner deutlich: „Es ist Zeit für einen Kanzlerwechsel – weg vom Belastungskanzler Faymann hin zum Entlastungskanzler Michael Spindelegger!“

Faymann bekräftigte vor den roten Gewerkschaftern: „Wir sind für eine Millionärssteuer.“ Es sei richtig, dass diese einen „fairen Beitrag“ zahlten, aber nicht an Wirtschaftsprüfer, um das Geld ins Ausland zu bringen. Faymanns scharfe Ansagen ließen rote Delegiertenherzen schneller schlagen. Ebenso dessen Absage an eine Senkung der Krankenkassenbeiträge. Denn die SPÖ vertrete jene, „die nicht das Scheckbuch in der Tasche haben“ beim Arztbesuch.

Sonst wurde Geschlossenheit demonstriert. Am Ende gab es als Rückhalt für Faymann im Wahlkampf diesmal auch Standing Ovations. Dieser war gerührt: „Emotional tut es gut, zu wissen: Wir sind eine Familie, die zusammenhält.“

Vor allem die SPÖ-Gewerkschafter nahmen das Team von Frank Stronach, das an der Rolle der Gewerkschaft gerüttelt hat, unter Beschuss: Man lasse sich „nicht wie Rotzbuben“ behandeln, so Katzian. Ein Bekenntnis zur Gewerkschaft und eine Absage an Korruption gab es am Abend bei der Eröffnung des ÖGB-Kongresses von Bundespräsident Heinz Fischer.Lehrerdienstrecht Seite 13

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2013)

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