Das Schauspiel in Salzburg punktet mit Festspielhits

Theateraufführungen müssen bei Festivals verlässlich Geld bringen. Direktor Sven-Eric Bechtolf beweist 2013 mit seinen Produktionen beträchtliches Geschick.

In der Theaterabteilung der Salzburger Festspiele kann man bereits aufatmen, obwohl erst knapp zwei von insgesamt sechs Wochen gespielt wurden: Der neu inszenierte „Jedermann“, der auf Spektakel und Tradition zugleich setzt, kommt bestens an. Gott erhalte dieser Stadt den seligen Hugo von Hofmannsthal! Und so wie diese Zugnummer ist auch Johann Nepomuk Nestroys Posse „Lumpazivagabundus“ praktisch ausverkauft. Die überbordende Inszenierung des Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann wurde auf der Perner-Insel in Hallein ausgelassen bejubelt. Man kann damit rechnen, dass um dieses bunt angelegte Zauberstück auch im Burgtheater ab September ein echtes Griss sein wird. Hartmann kann offenbar gar nicht anders, als ausgelastet zu sein. Er ist stets bereit für die große Show.

Dieser Ansatz nützt auch Sven-Eric Bechtolf. Für den Leiter des Schauspiels läuft die zweite Saison in Salzburg offenbar noch viel besser als die erste, selbst wenn „Die Jungfrau von Orleans“ ein vergleichsweise leichter Rückschlag sein sollte. Und das Young Directors Project? Geschenkt! Eine Spielwiese, ein Raum fürs Experiment – auf die Bilanz hat es kaum Auswirkungen, auch dank eines exklusiven Sponsors seit 2002.

Durch die zwei bisherigen Erfolge im Schauspiel werden jene im Kuratorium bestärkt, die Bechtolf nach den Turbulenzen um Intendant Pereira zu dessen Nachfolger für die Jahre 2015 und 2016 gemacht haben. Pereira wird das Festival viel früher als geplant verlassen. Ab Oktober 2014 tritt er offiziell als Direktor der Scala an. Bechtolf wird ab dann offiziell die Festspiele mit Präsidentin Helga Rabl-Stadler leiten, die ihre Amtszeit noch einmal verlängert.


Geht man davon aus, dass diese Interimszeit inoffiziell längst begonnen hat, dass Pereira mit seinem Kopf (und vielleicht auch zur Gänze schon) mehr in Mailand als in Salzburg ist, rechnet man also damit, dass die Zwischenlösung länger als seine Ära sein wird, dann ist es beruhigend, einen Nachfolger zu haben, der etwas vom Geschäft und der Kunst des Festspiels versteht. Wer weiß, vielleicht beeinflusst Bechtolfs gediegene Arbeit auch die Entscheidung des Kuratoriums, das Ende September 2013 über die neue Intendanz ab 2017 entscheiden soll.

Wie hart bei Festivals heutzutage kalkuliert wird, hat Stefanie Carp soeben in einem Interview mit dem deutschen Fachblatt „Theater heute“ verraten. Nach sieben Jahren als Schauspieldirektorin der Wiener Festwochen hat sie sich in diesem Jahr verabschiedet. Sie erzählt davon, dass man sie oft hat auflaufen lassen. Schwierigkeiten mit ihrer Geschäftsführung schildert sie so: „Kaufmännische Leiter mit Machtambitionen lieben es, künstlerische Leitungen zu destabilisieren. Dieses Spiel wird ja immer gespielt, wenn Strukturen nicht geklärt sind.“ Es habe die politische Auflage gegeben, „eine bestimmte Platzanzahl anzubieten“. Die Auslastung scheint also allemal wichtiger als die Kunst zu sein.


Wenn man nun aber die Festwochen (mit einem Budget von zirka 14 Millionen Euro) mit Salzburg (zirka 60 Millionen Euro) vergleicht, dann hat Wien geradezu ein Luxusproblem. In Salzburg müssen fast 80Prozent durch Kartenverkäufe und Sponsoren erwirtschaftet werden, bei den Festwochen umgekehrt nur rund 20Prozent. Man kann sich also vorstellen, wie gespannt Sitzungen in Salzburg verlaufen, wenn ein Intendant das Maximum an Oper fordert. Er belastet so die Gesamtbilanz (aber auch die Technik und die Logistik) am stärksten. Die Oper birgt das größte Risiko. Mögen da auch gerade Jubiläen von Wagner und Verdi gefeiert werden – die Umsichtigen fragen dennoch, wie viele Reserven nach zu vielen Festtagen noch bleiben werden.

Das Geld müssen andere ranschaffen. Kein Theater- oder Konzertdirektor in Salzburg hat es im neuen Jahrtausend unterlassen, im vertraulichen Gespräch darauf hinzuweisen, wie groß der Erfolgsdruck in seiner Sparte geworden ist, vor allem, seit die öffentlichen Mittel eingefroren wurden – vor 15 Jahren schon. Mittelmaß können sich diese Kulturmanager nie leisten, zumindest, was die Auslastung betrifft. Sie müssen also anpassungsfähig sein. Das erst qualifiziert sie für Höheres.

E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2013)

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