Obonya: "Für uns Künstler ist die Butter auch nicht billiger als für andere"

Cornelius Obonya
Cornelius Obonya(c) APA/BARBARA GINDL (BARBARA GINDL)
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Der neue Jedermann, Cornelius Obonya, über Salzburger Streit, Salzburger Geld und über die ehrliche Reue.

Die Presse: Bei den Salzburger Festspielen geraten sich gerne Intendanz und Führungsgremien in die Haare. Das war schon bei Gottfried von Einem so. Wieso eigentlich?

Cornelius Obonya: In Salzburg betrachtet man die große, ferne Welt wie durch einen Operngucker. Wenn man durch die Stadt geht, läuft einem Anna Netrebko oder Roberto Villazón über den Weg, hier trifft sich alles. Das ist natürlich faszinierend, aber dadurch, dass die Festspiele so exponiert sind, sind schon kleinere Streitereien berichtenswert.

Das klingt, als würde das alles von den Medien aufgebauscht.

Das will ich damit nicht sagen. Natürlich gibt es Konflikte, nicht unbedingt was die Auffassung betrifft, wie die Festspiele aussehen sollen, sondern über den Weg dorthin. Und das sind schließlich alles Individualisten, wenn die zusammenkommen, kracht es schon einmal.

Und es geht um sehr viel Geld.

Man muss einmal überlegen, welche Verantwortung Leute wie Rabl-Stadler tragen, die gehen mit Millionen um. Natürlich gibt es auch die kleinen, feinen Festivals, die vor allem vom Enthusiasmus leben und auch wunderbare Produktionen herausbringen. Salzburg ist eben ein Festival, hinter dem viel Geld steht, für das man Topleute engagiert, die unter Topbedingungen arbeiten. Österreich als das fünftreichste Land der EU sollte sich das schon leisten können.

Das Antikorruptionsgesetz macht den Festspielen einige Mühe, wie man hört.

Ja, das mag anfangs mühselig sein, aber das Anfütterungsverbot finde ich gut. Man hat ja wirklich hie und da über die Stränge geschlagen. In Österreich hat die kleine Bestechung eine gewisse Tradition, man will sich jemanden gewogen halten, da legt man ihm halt die eine oder andere teure Karte zurück. Das Anfüttern galt zu lange als Kavaliersdelikt.

Die Sängerin Elisabeth Kulman hat sich beklagt, dass die Künstler von den Salzburger Festspielen ausgenutzt werden, dass weder die Bezahlung noch die Probenbedingungen stimmen.

Grundsätzlich finde ich es richtig, wenn Elisabeth Kulman auf Missstände hinweist, die zweifellos da sind. Wir Künstler schweben nicht nur in höheren Sphären, für uns ist die Butter nicht billiger als für andere auch und wir haben Begriffe wie Wertberichtigung und Tariferhöhung gelernt. Andererseits kann man niemandem die Verpflichtung abnehmen, Verträge, die man unterschreibt, vorher zu lesen – und dann zu entscheiden, ob man zu diesen Bedingungen arbeiten will oder nicht. Und zu verhandeln. Manche Künstler fühlen sich geehrt, wenn sie mit dabei sind und geben sich mit einer geringeren Gage zufrieden. Und im nächsten Jahr haben sie dann vielleicht schon einen größeren Verhandlungsspielraum. Das ist natürlich ein Balanceakt auf einem Faden, aber jeder verhandelt für sich allein. Auch was die Probebedingungen betrifft: Man muss sich überlegen, ob man unter bestimmten Bedingungen arbeiten will – oder ob man das sich und seinem Körper zumuten kann. Das betrifft vor allem Sänger. Aber prinzipiell ist es gut, für Verbesserungen zu streiten.

Jetzt ist der „Jedermann“ ein Stück über einen Menschen, der erfährt, dass Geld nicht alles ist. Glauben Sie, dass der eine oder andere Zuseher sich in ihm erkennt?

Beim „Jedermann“ geht es ums Maßhalten. Man soll nichts dagegen haben, wenn ein anderer einen bestimmten Wohlstand erreicht, aber wenn jemand gar nicht mehr die Hand sieht, die sich ihm am Wegrand bittend entgegenstreckt, wenn er gar nicht mehr bedenkt, dass er vielleicht mehr Glück hatte als der andere, dass er seine Privilegien auch besseren Startchancen verdankt, dann macht er es sich zu bequem. Dann ist für ihn die Hauptsache, der eigene Hintern bleibt warm. Wobei ich glaube, dass solche Menschen in den „Jedermann“ gehen und nachher denken: Darüber muss ich mich gar nicht mehr kümmern, ich habe ja eh das Stück gesehen.

Man könnte im „Jedermann“ auch den leichten Ausweg sehen: Am Ende bereut er kurz, und alles ist wieder gut.

Moment! Das ist schon echte Reue, echter Glaube, das lässt sich nicht so leichtfertig abtun. Außerdem dauern auch institutionell-christliche Rituale nicht gerade lang: So eine Beichte ist manchmal kürzer als der Vorgang der Reue beim „Jedermann“. Also ich finde es eher seltsam, dass manche sich darüber wundern, dass ihm am Ende vergeben wird: Das ist doch im Christentum so.

Wie geht es Ihnen mit der Hitze auf dem Domplatz? Die muss bei Nachmittagsvorstellungen mörderisch sein!

Mich stört die Hitze gar nicht so. Mir macht eher zu schaffen, dass die Sonne blendet. Ich kann ja keine Sonnenbrille tragen, muss blinzeln, sehe kaum. Es tut mir leid, dass ich das Publikum nicht direkt anspielen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2013)

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