Kommentar

Kredite und steigende Zinsen – können bitte einmal alle rechnen lernen!

Bankenverband-Chef Willibald Cernko und Finanzminister Magnus Brunner präsentierten am Mittwoch ein Hilfspaket für heimische Kreditnehmer.
Bankenverband-Chef Willibald Cernko und Finanzminister Magnus Brunner präsentierten am Mittwoch ein Hilfspaket für heimische Kreditnehmer. APA/Georg Hochmuth
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Das „Rettungspaket“ von Banken und Finanzminister für Kreditnehmer fällt bescheiden aus. Das ist angesichts der Situation aber logisch – und auch richtig so. Denn wer Schulden für Immobilien hat, zählt derzeit eher zu den Gewinnern.

Keine Mahnspesen und keine Verzugszinsen mehr für Kreditnehmer, die Probleme haben, ihre Raten zu zahlen. So schaut das „Rettungspaket“ aus, das von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und Bankenverband-Chef Willibald Cernko am Mittwoch präsentiert wurde. Für die betroffenen Kreditnehmer fällt dieses Ergebnis wohl unter die Kategorie „besser als ein Stein auf den Kopf“, wie man landläufig sagt. Denn wer Probleme hat, seine Kreditraten angesichts der stark gestiegenen Zinsen zu bezahlen, für den wird es nur wenig Unterschied machen, ob er sich jetzt die Mahnspesen erspart oder nicht.

Der Hauptgrund für dieses Paket dürfte also sein, dass man Aktivität zeigen will. Der Finanzminister, da Österreich langsam endgültig in den Wahlkampfmodus für 2024 kippt. Und der Bankenverband-Chef, weil die Kritik an den Banken nicht ganz unberechtigt ist. So sind in erster Linie natürlich die Kreditnehmer dafür verantwortlich, ob sie ihre Unterschrift unter einen variablen oder fixen Kreditvertrag setzen. Und wer einen der größten Verträge seines Lebens unterschreibt, ohne sich zuvor ein wenig in das Thema eingelesen zu haben, kann nicht von der Schuld freigesprochen werden. Gleichzeitig fand in vielen Banken wohl eine Nichtberatung zu dem Thema statt. Ob aus Kalkül oder einfach aufgrund fehlenden Know-hows der Mitarbeiter, dürfte vom Einzelfall abhängen, wirft aber trotzdem kein gutes Bild auf die einst als besonders seriös geltende Branche.

Dennoch ist das Ergebnis – so dünn es auch sein mag – wahrscheinlich das beste, das möglich war. Denn der Schaden ist bei den variablen Krediten bereits angerichtet. Irgendjemand muss also dafür bezahlen. Und dass die Allgemeinheit im Rahmen einer staatlich geförderten Zinsobergrenze dafür aufkommt, ist nicht einzusehen. Daran ändert auch die Idee nichts, den Banken das Geld zuvor mittels einer das Vertrauen in den österreichischen Finanzmarkt schädigenden Sondersteuer abzuknöpfen. In jedem Fall wäre es nämlich eine grobe Benachteiligung jener Kreditnehmer, die den jahrelangen Aufrufen von Nationalbank oder Finanzmarktaufsicht nachgekommen sind, sich doch die Nullzinsen durch die bei Abschluss teureren Fixkredite langfristig zu sichern.

Der Wert von Immobilien legte stark zu

Das führt auch gleich zum wichtigsten Punkt, der in der aktuellen Debatte komplett vergessen wird. Ohne hier jetzt die Sorgen Einzelner schmälern zu wollen, handelt es sich bei Immobilienkäufern in der Regel um finanzielle Gewinner. Auch wenn sie variabel finanziert haben. Nicht nur, dass über Jahre hindurch extrem niedrige Zinsen bezahlt werden mussten. Auch die Immobilien haben gleichzeitig massiv an Wert gewonnen. Allein seit Anfang 2020 legten sie laut Nationalbank in Österreich um 30 Prozent zu. Wer vor zehn Jahren gekauft hat, dessen Eigentum hat sich seither oft verdoppelt.

Und auch wenn die Zinsen derzeit steigen: Schuldner gehören zu den Profiteuren der Inflation. Sie sorgt nämlich auch dafür, dass der Wert der Schulden drastisch sinkt. Und da die Löhne an die Inflation gekoppelt sind, also je nach Branche um hohe einstellige oder niedrige zweistellige Raten gestiegen sind, haben sich relativ sogar die Einnahmen der Kreditnehmer stärker erhöht als ihre Zinszahlungen. Es wäre also fein, würde statt aufgeregter politischer Diskussionen einmal ordentlich gerechnet werden.

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