ÖVP-Umfragenaffäre

WKStA: Untreue-Ermittlungen gegen drei ÖVP-Ministerien

Das Umfrageinstitut Demox Research GmbH soll Umfragen durchgeführt haben, die „ministeriumsfremde Fragen“ zum Inhalt hatten, wie die WKStA mitteilte. Sie ermittelt wegen Untreue, Betrug und Absprachen gegen fünf namentlich bekannte und eine unbekannte Person. Die Grünen fordern von Ministerin Tanner „volle Aufklärung“.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat am Mittwoch bestätigt, dass es gegen das Umfrageinstitut Demox ermittelt. Zuvor hatte die „Kronen Zeitung“ von einer Hausdurchsuchung in dem Institut berichtet, das wegen mutmaßlich der ÖVP dienlichen Ministeriumsumfragen in die Kritik der SPÖ geraten war. Inzwischen hat die WKStA in einer Presseinformation bestätigt, dass gegen drei Ministerien ermittelt wird.

Es geht um den Verdacht, dass in Landwirtschafts-, Wirtschafts- und Verteidigungsministerium zumindest in den Jahren 2020 und 2021 „eine Reihe von Umfragen beauftragt“ wurden, für die „keine oder nur teilweise sachliche Notwendigkeit bestand“. Die Umfragen hätten laut WKStA „ministeriumsfremde Fragen zum Inhalt, die zumindest zum Teil anderen Zwecken gedient haben dürften“.

Alle drei Ministerien sind von der ÖVP besetzt. Die Umfragen wurden unter der amtierenden Verteidigungsministerin Klaudia Tanner sowie unter den Ex-Ministerinnen Margarete Schramböck und Elisabeth Köstinger in Auftrag gegeben und bezahlt. Letztere wurde dazu im Vorjahr im Rahmen des U-Ausschusses befragt, wo sie Vorwürfe von sich wies. Unter den sechs Personen, gegen die nun ermittelt wird, soll sich keine der drei Ministerinnen befinden. Ermittelt wird wegen Verdachts auf Untreue, Betrug und wettbewerbsbeschränkende Absprachen gegen fünf namentlich bekannte und eine unbekannte Person.

Die Grünen, die sich im Hintergrund durchaus überrascht von den Ermittlungen zeigen, fordern von der noch im Amt befindlichen Ministerin „volle Aufklärung“. Tanner müsse sich „kooperationsbereit“ zeigen, sagt der grüne Wehrsprecher David Stögmüller zur „Presse“. Er war, gemeinsam mit Nina Tomaselli, auch Fraktionsführer der Grünen im ÖVP-U-Ausschuss.

Demox schon in ÖVP-U-Ausschuss Thema

Demox-Geschäftsführer Paul Unterhuber - er ist ehemaliger Funktionär des ÖVP-Bauernbunds - war bereits im Juni des Vorjahres zum Thema der Umfragen in den ÖVP-U-Ausschuss geladen worden. Damals erklärte er, für jeden einzelnen Auftrag seien „zahlreiche Leistungen“ erbracht und „branchenübliche Honorare“ verrechnet worden. Auch schloss er bei seiner Aussage vor dem Ausschuss „vehement“ aus, dass über sein Institut von der öffentlichen Hand finanzierte Studien für die ÖVP erbracht wurden. In Umfragen etwa für das Landwirtschaftsministerium war unter anderem auch eine Frage zur Asylpolitik enthalten, in einer anderen zur Wien-Wahl. Verrechnungen von ÖVP-Umfragen an Ministerien habe es nicht gegeben, betonte Unterhuber. Auch schloss er aus, dass Umfragen von seinem Institut an Dritte weitergegeben worden sein könnten.

Die ehemalige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) sagte im Juni 2022 vor dem U-Ausschuss aus. Auch sie wies damals alle Vorwürfe zurück. Vorhalte u.a. seitens der SPÖ, wonach ihr Ministerium Umfragen mit parteipolitisch motiviertem Inhalt in Auftrag gegeben habe, wies sie zurück.

SPÖ: „Nächster Korruptionsskandal“

SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer sah sich am Dienstag in seiner Kritik bestätigt: „Die ÖVP schlittert in den nächsten Korruptionsskandal rund um Steuergeldmissbrauch für Parteiumfragen. Während das Beinschab-Tool der ÖVP zum Fälschen von Umfragen diente, dürften mit dem Demox-Tool Parteiumfragen durchgeführt worden sein - finanziert durch das Finanzministerium, das Landwirtschaftsministerium, das Wirtschaftsministerium, das Verteidigungsministerium und das Außenministerium“, sagte der SPÖ-Finanzsprecher in einer Aussendung.

Die Ergebnisse hätten nicht der Arbeit in den Ministerien, „sondern ausschließlich der ÖVP“ gedient, so Krainer. Dies sei „ein weiterer Beweis dafür, dass die ÖVP korrupt ist. Mit diesen Methoden muss endlich Schluss sein“. Krainer fordert von ÖVP-Chef Karl Nehammer „als verantwortlichem Parteiobmann“ die Offenlegung sämtlicher Umfragetätigkeiten der ÖVP-Bundespartei.

„Zwei Dinge in diesem Universum sind grenzenlos: das Universum selbst und die korruptiven Tendenzen in Teilen der ÖVP und deren Umfeld“, kritisierte auch FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. „Die schwarze ‚Neigungsgruppe Korruption‘ bietet sicher genügend Stoff für Untersuchungsausschüsse der nächsten Jahre und Jahrzehnte.“ Die Hausdurchsuchung beim ÖVP-nahen Umfrageinstitut Demox bestätige wieder einmal, dass die bisher bekannten Skandale „nur die Spitze des Eisberges sein dürften“.

„Die ÖVP zeigt jedes Mal aufs Neue, dass sie ein strukturelles Problem mit Korruption hat. Wann lernt sie endlich, dass das Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher nicht das persönliche Körberlgeld der Volkspartei ist?“, fragte sich Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos in einer Stellungnahme. Er forderte rasche Aufklärung durch die Justiz, „und zwar ohne türkise Querschüsse“.(Red./APA)

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