Parteifreier Justizminister? Starke Unabhängigkeit, schwache Position

Parteifreier Justizminister?
Parteifreier Justizminister?(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Es hätte Vor- und Nachteile, wenn der Minister parteilos ist. Ein Pluspunkt wäre die Unabhängigkeit. Doch ohne Partei im Rücken lässt sich vieles nicht umsetzen.

Wien. Rund um den Posten des Justizministers wird momentan viel spekuliert. So wird etwa ein Tauschhandel kolportiert, laut dem das Justizressort an die SPÖ, das Verteidigungsministerium dafür an die ÖVP gehen könnte. Aber auch die Variante eines parteiunabhängigen Justizministers hält sich wieder einmal wacker. Die Idee ist nicht neu: Mit Nikolaus Michalek war zuletzt etwa von 1990 bis 2000 ein unabhängiger Minister im Palais Trautson am Werk. Dieter Böhmdorfer (2000–2004) hatte zwar kein Parteibuch, war aber klar der FPÖ zuzurechnen. Doch was spricht für, was gegen einen unabhängigen Justizminister?


Der größte Pluspunkt wäre die Unabhängigkeit, die ein parteifreier Minister verkörpern könnte. Gerade im sensiblen Justizbereich sollte man diese Außenwirkung nicht unterschätzen.

Insbesondere würde dann das Weisungsrecht des Justizministers für weniger Debatten sorgen. Der Minister ist quasi der ranghöchste Staatsanwalt und kann entscheiden, wann Anklage erhoben wird und wann nicht. Der Sinn dahinter ist jener, dass das Recht österreichweit möglichst einheitlich angewandt werden soll. Immer wieder keimt aber die Kritik auf, dass Justizminister politisch motivierte Weisungen geben würden und Staatsanwälte in vorauseilendem Gehorsam handeln. Um von dieser Mutmaßung loszukommen, setzte sich etwa SPÖ-Justizministerin Maria Berger (2007–2008) dafür ein, dass der Minister diese Weisungsbefugnis verliert.

Ein parteifreier Ressortführer kann zudem befreit von Parteivorgaben nach Lösungen suchen und diese in Gesetze gießen.


Gerade beim letzten Punkt trügt aber der Schein: Denn ein Justizminister kann sich noch so tolle Gesetze ausdenken – umsetzen wird er sie ohne Parlamentsmehrheit nicht. Ohne Hausmacht in einer Partei hat es ein Justizminister oft schwer. Michalek galt in den 1990er-Jahren als guter, aber auch schwacher Minister.

Zudem muss man als Justizminister ein politischer Kopf sein. Rein objektiv Zivil- und Strafgesetze zu schreiben wird kaum funktionieren. Auch hier steckt hinter den meisten Gesetzen Ideologie. Und während man bei einem Parteifreien nicht weiß, wie er tickt, ist ein Angehöriger der Koalitionsparteien demokratisch eher legitimiert.

Zu guter Letzt darf man nicht vergessen, dass Richter ohnedies unabhängig sind und auch ein politisch besetzter Minister nie Urteile beeinflussen kann. Und Weisungen an die Staatsanwälte dürfen nicht im stillen Kämmerlein erfolgen, sondern müssen immer dokumentiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2013)

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