Schwarzgeld: Finanz erstickt in Selbstanzeigen

SKIFLIEGEN - Skiflug WM 2006, Probedurchgang
SKIFLIEGEN - Skiflug WM 2006, ProbedurchgangGEPA pictures
  • Drucken

Nach dem Abschluss des Steuerabkommens mit der Schweiz haben schon mehr als 19.000 Steuersünder Selbstanzeige erstattet. Die Finanz verlangt mehr Personal, um Verjährungen zu verhindern.

Wien. Die für ausländische Steuerbehörden bis vor Kurzem uneinnehmbare Finanzfestung Schweiz ist gestürmt – und das beschert auch den österreichischen Finanzbehörden reichlich stressige Monate: Seit Jahresbeginn sind nach der „Presse“ vorliegenden Zahlen bereits 19.083 (strafbefreiende) Selbstanzeigen eingetroffen, die jetzt zügig bearbeitet werden müssen. Dafür fehlt der Finanz aber das Personal, wie der Vorsitzende der Gewerkschaft der Finanzbediensteten, Herbert Bayer, im Gespräch mit der „Presse“ beklagt.

Die Schweiz hat sich auf internationalen Druck (besonders aus den USA und Deutschland) zur Kooperation mit ausländischen Steuerbehörden entschlossen. Deutsche Anleger bekommen derzeit von Schweizer Banken gerade Briefe, in denen sie unmissverständlich aufgefordert werden, entweder die korrekte Versteuerung der in der Eidgenossenschaft liegenden Gelder nachzuweisen oder die Kontoverbindung aufzulösen.

Österreichischen Anlegern bleibt diese Drohung mit dem Hinauswurf wegen des im Vorjahr abgeschlossenen bilateralen Steuerabkommens erspart. Wie berichtet können österreichische Anleger wählen, ob sie anonym bleiben und für die in der Vergangenheit hinterzogenen Steuern eine Abschlagszahlung leisten (die in der Praxis zwischen 15 und 38 Prozent des Vermögens ausmacht und direkt nach Wien überwiesen wird). Oder ob sie ihr in der Schweiz lagerndes Vermögen den österreichischen Behörden per Selbstanzeige deklarieren und nachversteuern. Die weiter laufenden Erträge aus den Schweizer Vermögen werden dann normal versteuert. Stiftungen und Unternehmen sind von diesem Abkommen freilich ausgenommen.

Es geht um viel Geld: Die rund 19.000 Selbstanzeiger haben laut Finanzministerium ein Vermögen von 5,5 Mrd. Euro deklariert. Wie viel davon nicht korrekt versteuert wurde, muss nun überprüft werden. Die Schweiz selbst hat auf Basis des seit dem Frühjahr geltenden Steuerabkommens schon 700 Mio. Euro nach Wien überwiesen.

Finanzgewerkschafter Bayer drängt nun auf zügige Aufarbeitung der Selbstanzeigenflut. Und verlangt deshalb ein Ende des geltenden Aufnahmestopps, von dem nur Teile der Finanzpolizei ausgenommen sind. Das sei durchaus im Interesse der Staatsfinanzen. Bayer: „Wir kommen nicht zum Strafen, weil wir die Leute nicht haben.“

Von Finanzministerin Maria Fekter sieht sich der Gewerkschafter voll unterstützt: „Sie hat erkannt, dass wir mehr Personal brauchen.“ Freilich sei Fekter im Sommer mit dem Wunsch nach einer Ausnahmeregelung für die Finanz im Ministerrat abgeblitzt. Bayer. „Es ist unglaublich. Das Geld liegt auf der Straße, und wir heben es einfach nicht auf.“

Für den Gewerkschafter drängt die Zeit, denn Finanzvergehen verjähren nach zehn Jahren. Zahlreiche Fälle aus dem Jahr 2003 könnten also demnächst konsequenzenlos abgeschlossen werden. Im Büro der Finanzministerin beruhigt man freilich: Fälle, die zu verjähren drohen, würden vorgezogen, hieß es dort.

Weitere Infos:www.diepresse.com/steuern

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
Wirtschaftsrecht

Sonderfall Schweiz: Offenlegen oder anonym bleiben?

Aufgrund des Steuerabkommens müssen sich Kontoinhaber bis Ende Mai für eine von zwei Varianten entscheiden.
Steuerabkommen Schweizer Fuellhorn ueber
Österreich

Steuerabkommen: Schweizer Füllhorn über Österreich

Das Abkommen mit der Schweiz brachte viel mehr Selbstanzeigen als erwartet. Das Finanzministerium rechnet daher mit rund 300 Millionen Euro zusätzlich.
Steuerhinterziehung
International

Steuerhinterziehung: Zunahme von Selbstanzeigen

Deutschland hat eine neue Steuer-CD gekauft, von der auch Österreich profitieren könnte. Währenddessen haben Selbstanzeigen in den vergangenen Wochen „deutlich zugenommen“.
Alice Schwarzer
Salon

Alice Schwarzer hatte geheimes Schweizer Konto

Die Frauenrechtlerin zahlte mehr als 200.000 Euro Steuergelder nach. Sie bedauert das Konto "von ganzem Herzen".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.