Reaktionen

Nach Selmayr-Eklat: „Formulierung überspitzt, aber im Grunde hat er recht“

Der EU-Vertreter in Wien, Martin Selmayr, wurde nach scharfer Kritik an Österreichs Umgang mit russischem Gas ins Außenministerium zitiert. (Archivbild)
Der EU-Vertreter in Wien, Martin Selmayr, wurde nach scharfer Kritik an Österreichs Umgang mit russischem Gas ins Außenministerium zitiert. (Archivbild)APA/TOBIAS STEINMAURER
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Die Wortwahl sei zwar unpassend gewesen, so Österreichs EU-Abgeordnete, nachdem Martin Selmayr mit seinem „Blutgeld“-Sager für Irritationen gesorgt hatte. Das Thema aber sei wichtig, meinen sie, und fordern einen Weg aus der Gas-Abhängigkeit.

Österreichische Europaabgeordnete bemängeln zwar die Wortwahl des EU-Kommissionsvertreters Martin Selmayr, der die milliardenschweren österreichischen Gaszahlungen nach Russland als „Blutgeld“ kritisiert hatte, fordern aber einen Weg aus der Gas-Abhängigkeit. „Die Formulierung war überspitzt, sie war sicher nicht die diplomatisch feine Klinge, aber im Grunde hat er recht“, sagte die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Evelyn Regner (SPÖ), am Freitag in Wien.

Ähnlich auch der Erste Vizepräsident des Europaparlaments, Othmar Karas, von der ÖVP: „Die Wortwahl ist unpassend, das Thema ist wichtig“, sagte er. Die Wortwahl treffe in dieser zugespitzten Form nicht zu. Die Abhängigkeit von russischem Gas und Öl habe aber nicht nur Österreich, sondern auch Europa erpressbar und angreifbar gemacht. Sie sei auch Teil der Teuerung. Die Europäische Union und die Mitgliedstaaten hätten daher alles zu tun, „diese Abhängigkeiten so rasch wie möglich zu reduzieren“. Diese Debatte, auch über die Ursachen der Abhängigkeit, müsse geführt werden. Es gebe keine Rückkehr zum Status quo vor dem Ukraine-Krieg. Man sei „viel zu naiv und viel zu wenig entschlossen“ nach der russischen Krim-Annexion gewesen, kritisierte Karas.

„Das Ziel ist, möglichst schnell aus der Abhängigkeit von russischem Gas zu kommen, hier hat Österreich bisher wirklich zu wenig gemacht“, sagte Regner. Die österreichische Bundesregierung sollte sich diesbezüglich die Maßnahmen Deutschlands und anderer Länder anschauen und vor allem die Kritik als Aufforderung nehmen, selbst tätig zu werden. Regner zeigte sich verwundert über die Aufregung über den Selmayr-Sager, welche sie als „Ausweichdiskussion bezeichnete“. Regner: „Das worum es geht, ist es, aus der russischen Gas-Abhängigkeit rauszukommen.“ Regner erinnerte an die frühere schwarz-blaue Regierung, als die damalige Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu ihrer Hochzeit eingeladen hatte, „da war die Wahrnehmung eine ganz andere“.

Kogler „hat das auch schon so bezeichnet“

Die grüne Delegationsleiterin Monika Vana sagte am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien, gerade Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) habe einen klugen Weg gewählt, und in den ersten Monaten die Abhängigkeit von russischem Gas drastisch reduzieren können und gleichzeitig Energiesicherheit gewährleistet. „Dass es nicht von heute auf morgen geht, versteht sich von selbst.“ Die „Altlasten“ vor der grünen Regierungsbeteiligung wären nicht schnell abzubauen.

Zu Selmayrs „Blutgeld“-Aussagen verwies Vana auf eine Reaktion von Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der gesagt hatte, er habe „das auch schon so bezeichnet“. Dass der betreffende Diplomat „für deftige Aussagen bekannt“ sei, sei nicht neu. „Ich halte es für übertrieben und für in der Sache nicht hundertprozentig korrekt, aber ich möchte es nicht überbewerten. Es erinnert mich an eine Sommerloch-Debatte.“

Schieder kritisiert Vorladung ins Außenamt 

Dass Selmayr für seine Aussagen ins Außenministerium zitiert wird, bezeichnete der SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder am Freitag in einer Aussendung als „völlig übertrieben“. Schieder: „Die Formulierung war überspitzt, in der Sache hat Selmayr aber recht. Österreichs türkis-grüne Bundesregierung tut im EU-Vergleich viel zu wenig, um die Energieabhängigkeit und die wirtschaftliche Verflechtung mit Russland zu lösen. Das macht uns erpressbar und öffnet russischer Einflussnahme die Tür und gleichzeitig finanzieren wir damit weiterhin Putins blutigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im europäischen Ausland sorgt Österreichs lascher Zugang schon länger für Verwunderung, es entsteht der Eindruck, man habe nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.“

Nach seiner drastischen Kritik hat sich die EU-Kommission von den „bedauerlichen und unangemessenen Aussagen“ Selmayrs distanziert. Die Kommission habe Selmayr aufgefordert, „unverzüglich in Brüssel über den Vorfall Bericht zu erstatten“, hieß es am Donnerstag in einer Stellungnahme weiter. Der EU-Kommissionsvertreter war aufgrund seiner Aussagen zuvor ins österreichische Außenamt zitiert worden. Die FPÖ forderte die Abberufung Selmayrs. (APA)

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