Kulinarik: Wien für Unverträgliche

Vegane Cup Cakes
Vegane Cup Cakes(c) Easy Going Bakery
  • Drucken

Laktosefrei, glutenfrei oder vegan. Die Zahl der Lokale und Geschäfte, die auf Unverträglichkeiten Rücksicht nehmen, wächst. Am 1.März eröffnet ein eigener Supermarkt.

Wien. Am meisten freut sich Sonja Fröschl, wenn jemand ihre Cupcakes kostet und verwundert feststellt: „Das schmeckt ja gar nicht, als wäre es vegan.“ Oder laktosefrei. Oder glutenfrei. „Die Leute sind dann immer ganz überrascht, dass die trotzdem gut schmecken“, sagt die junge Japanologiestudentin, die erst vor wenigen Wochen die Easy Going Bakery in der Burggasse in Wien Neubau eröffnet hat.

Fröschl, die selbst eine Laktoseunverträglichkeit hat und deren Mutter an Zöliakie leidet, hat sich in ihrem kleinen Geschäft auf ebensolche laktose- oder glutenfreie und vegane kleine Cupcakes und Cake-Pops spezialisiert. Wenige Tische laden dazu ein, eine Melange mit laktosefreier Milch zu sich zu nehmen. „Normale Milch hab' ich gar nicht, vielleicht nehm' ich als nächstes glutenfreies Bier ins Sortiment.“ Um auch glutenfreie Produkte anbieten zu können, arbeitet sie übrigens mit zwei separaten Backöfen.

Neben der geschmacklichen Verwunderung, erntet Fröschl von ihren Gästen auch oft Dankbarkeit und Erleichterung. „Viele sind froh, weil es so etwas nicht oft gibt.“ Denn auch wenn in Supermärkten mittlerweile eigene Regale für Produkte zum Thema Nahrungsmittelunverträglichkeiten reserviert sind, wächst das Angebot für Betroffene nur langsam. Einzelne Geschäfte, Konditoreien oder Lokale bieten zwar nebenbei ein paar Produkte an. Spezialisiert haben sich aber nur wenige – bei den meisten handelt es sich um Betroffene.

Supermarkt für Allergiker

So auch bei Iris Bosich, deren Sohn nur gluten- und kaseinfreie Lebensmittel zu sich nehmen kann. Seit Juli 2013 betreibt sie den Onlineshop Vitolerance. Am 1.März eröffnet sie ihre erste „richtige“ Filiale im Einkaufszentrum Kagran 1 in der Donaustadt. Dort will sie an die 2000 verschiedene Produkte, die auf Fruktose, Gluten, Milch, Eier, Laktose, Histamin oder Weizen verzichten, anbieten. „Das Geschäft mache ich, um auch Frischeprodukte anbieten zu können, und weil viele Kunden den Wunsch geäußert haben, vorbeizukommen“, sagt Bosich. Sie kann nicht verstehen, warum Menschen, die an Unverträglichkeiten leiden, auch noch mehr Zeit und Geld beim Einkaufen investieren sollen.

25 Prozent betroffen

In Österreich leiden derzeit rund 25 Prozent an einer Fruktose-, Laktose- und/oder Histaminunverträglichkeit. „Das Thema ist uralt, Unverträglichkeiten gibt es schon seit Jahrhunderten“, sagt Angelika Widhalm, Präsidentin des Vereins Frulak & Co. Es sei nur heute mehr Menschen bewusst, und es werde mehr darüber gesprochen. „Durch unsere Ernährung steigt aber auch die Zahl“, sagt Widhalm. So sei etwa nicht natürlich vorkommende Fruktose (wie etwa aus Mais gewonnener Glukose-Fruktose-Sirup, der in Fertigprodukten enthalten ist) nicht nur schuld an der zunehmenden Fettleibigkeit, sondern auch an Unverträglichkeiten.

Auch sie meint, dass die Versorgungssituation noch lange nicht optimal sei. „Gerade die kleinen Händler sollten das aufnehmen, da gibt es noch viel Potenzial.“

Petra Siegel, eine ebenfalls Betroffene, die ihre Tipps auf dem Blog www.diefruehstueckerinnen.at weitergibt, hat in den letzten Jahren eine – zumindest leichte – Verbesserung festgestellt. „Vor vier Jahren bin ich überhaupt nicht in Restaurants gegangen, schön langsam geht das wieder.“ Wobei sie unterscheidet: Es gibt einige, wenige, die das Thema ernsthaft betreiben. Und leider ein paar mehr, die auf den Trend aufspringen und die Sache nur halbherzig angehen. „Es wird zu viel versprochen und zu wenig gehalten. Und viele Mitarbeiter kennen die Unterschiede, etwa zwischen laktosefreier Milch und Sojamilch, nicht Oder sie servieren glutenfreies Brot im normalen Brotkorb. Da kann man sich die Mühe sparen.“ Meist braucht es aber nicht viel – etwa eine simple Zutatenliste. Egal, ob in der schicken Bakery oder beim einfachen Wirten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.02.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild: Käse
Österreich

Glutenfreie Streichwurst, laktosefreie Nudeln - das Geschäft mit den „Frei von“-Produkten

Die Industrie hat die Unverträglichkeiten entdeckt – und nutzt sie reichlich. „Frei sein“ ist prinzipiell nie schlecht. Das dürften sich wohl so einige Lebensmittelhersteller bei der Bewerbung ihrer Produkte denken.
Österreich

Gastronomie: Protest gegen Allergie-Verordnung

Ab Dezember müssen Gastronomen Speisen, die Allergien hervorrufen können, kennzeichnen. Ein Wirt will Allergiker mittels speziellem Gewürz vertreiben.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.