CO2-Ausstoß

Ein Diesel, umweltfreundlich wie ein E-Auto

Groß, luxuriös, mit Massagesitzen und optionalem TV-Bildschirm, aber im Verbrauch sparsam: der BMW 740d.
Groß, luxuriös, mit Massagesitzen und optionalem TV-Bildschirm, aber im Verbrauch sparsam: der BMW 740d.Rief
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Elektroauto oder sparsames Dieselauto? Eine Ausfahrt mit dem BMW 740d zeigt, dass ein Pkw mit Verbrennungsmotor nicht unbedingt schädlicher für das Klima sein muss als ein E-Auto.

Es ist schwer, nüchtern und objektiv über die verschiedenen Antriebsarten eines Pkw zu diskutieren. In der Debatte Verbrennungsmotor gegen Elektroantrieb mangelt es vielen Diskutanten auf beiden Seiten nicht an Leidenschaft für ihr Fahrzeug, auf den jeweils anderen Antrieb reagieren sie wie der Teufel auf das Weihwasser. Wir trauen uns und nennen hier stellvertretend Tesla- und BMW-Fahrer.

Man muss aber im Interesse der Umwelt nüchtern rechnen: Was ist am Ende die tatsächliche Belastung einer Autofahrt für das Klima? Die Umweltbelastung durch die Herstellung des Pkw, durch den Abbau von Kobalt und Lithium, durch die Erzeugung und Verarbeitung von Stahl, durch das Verschrotten des alten Autos – sie zu berechnen, ist schwierig. Wissenschaftliche Studien kommen zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen, ab wann ein E-Auto über sein gesamtes Leben gerechnet klimafreundlicher ist als ein Auto mit Verbrennungsmotor.

Bleibt also nur die Berechnung des CO2-Ausstosses während des Betriebs des Autos. Wie viel CO2 kommt beim Auspuff heraus, wie viel CO2 entsteht bei der Erzeugung von Strom? Und hier muss man die Annahme relativieren, dass ein elektrisch angetriebener Pkw automatisch umweltfreundlicher ist als einer mit Verbrennungsmotor.

Wir haben das bei einem Test des neuen BMW 740d xDrive (also Allrad) erlebt. Diese Limousine ist bei den Bayern ganz oben angesiedelt, Bundeskanzler Karl Nehammer lässt sich beispielsweise in einer chauffieren (BMW 745 Le xDrive), natürlich auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz setzt auf einen gepanzerten Mercedes S680).

Unter der Motorhaube der 5,39 Meter langen Oberklasse-Limousine (Gewicht: 2,2 Tonnen) arbeitet ein Reihensechszylinder-Dieselmotor mit einem Hubraum von 2993 ccm, der im Mekka des BMW-Motorenbaus, im oberösterreichischen Steyr, entwickelt wurde und gefertigt wird. Er wird von einem 48-Volt-Hybridsystem mit einem in das Achtgang-Automatikgetriebe integrierten Elektromotor unterstützt. Das ergibt eine Leistung von 299 PS (286 PS kommen vom Dieselmotor).

Beeindruckend – oder sagen wir nüchterner: sensationell – ist, wie effizient man die Limousine mit dieser Antriebskombination bewegen kann. In unserem Test, der viel sanft gefahrene Langstrecke inkludierte (maximal 120 km/h), kamen wir auf einen schier unglaublichen Verbrauch von 4,6 Liter auf 100 Kilometer (Verbrauch über den gesamten Testzeitraum ohne Beschleunigungs- und Höchstgeschwindigkeitsrekorde: 5,3 Liter).

Wir stellen uns nur vor, welchen Verbrauch SPÖ-Chef Andreas Babler schaffen würde, der im ORF-„Sommergespräch” ja erklärt hat, auf der Autobahn nie schneller als 100 km/h zu fahren. Aber vielleicht ist eine 7er-Serie (Preis: ab 123.100 Euro) nicht unbedingt das beste Fortbewegungsmittel für jemanden, der eine Vermögenssteuer einführen will.

Optimierter Motor

Wie es BMW geschafft hat, den seit 2015 gebauten Reihensechszylinder-Dieselmotor B57 für den 7er im vergangenen Jahr derart zu optimieren und zu verbessern, hat uns der Leiter der Entwicklungsabteilung in Steyr, Josef Honeder, ausführlich und sehr geduldig erklärt. Verstanden haben wir, dass man nun unter anderem Magnetventilinjektoren und Stahlkolben verwendet, weil diese thermodynamisch besser arbeiten als Aluminiumkolben.

Ein Verbrauch von 4,6 Liter Diesel bedeutet, dass der BMW 740d auf 100 Kilometer etwa zwölf Kilogramm CO2 ausstößt (wir haben für die Berechnungen Bernhard Geringer konsultiert, Leiter des Instituts für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik an der TU Wien). Wie sieht es im Gegenzug bei einem Pkw aus, der mit Strom angetrieben wird?

In Deutschland entstehen aktuell 500 Gramm CO2 bei der Erzeugung von einer Kilowattstunde Strom. In Polen, wo es viele Kohlekraftwerke gibt, sind es etwa 700 Gramm, in Österreich bewegen wir uns um die 100 Gramm (es können einmal mehr sein, einmal weniger). Schweden schafft es, bei seiner Stromerzeugung im Jahresschnitt 2022 weniger als zehn Gramm CO2 pro Kilowattstunden zu verursachen.

Nimmt man also den CO2-Ausstoß des Diesel-BMW über 100 Kilometer, dann entspricht das im deutschen Strommix einem Elektroauto mit einem Verbrauch von etwa 24 kWh auf 100 Kilometer. Wir haben durchaus schon Elektroautos getestet, die einen höheren Verbrauch hatten – darunter die großen, schweren und populären E-Autos wie ein Tesla Model X, ein BMW iX, ein Mercedes EQS-SUV oder auch ein Audi Q8 e-tron.

In Österreich fährt man beim aktuellen Strommix mit einem E-Auto klimafreundlicher als mit dem 740d. Lädt man das Elektroauto dagegen in Polen, dann gewinnt der Diesel-BMW einen Klimapreis. Am umweltfreundlichsten fährt man natürlich, wenn man das Auto mit Strom aus der eigenen Solaranlage betreibt.

Was ist die Lektion? Es ist alles relativ. Die entscheidende Frage beim nicht mehr aufzuhaltenden Wandel hin zur Elektromobilität ist, woher der viele Strom kommen wird, den wir benötigen werden. Wenn man als Back-up für Wind- und Sonnenenergie auf Kohle- und Gaskraftwerke setzt, dann kann man nur hoffen, dass der BMW 740d ein sehr langes Autoleben hat.

Fakten

Diesel: Bei der Verbrennung von einem Liter Diesel entstehen 2640 Gramm CO2. Bei einem Liter Benzin sind es 2390 Gramm. Weil Dieselmotoren effizienter arbeiten und weniger verbrauchen, entsteht durch einen Dieselmotor weniger CO2 als durch einen vergleichbaren Benzinmotor.

Strom: Weil nicht aller Strom in Europa von Wind-, Sonnen-, Wasser- oder Atomkraftwerken kommt, sondern auch von Gas- und Kohlekraftwerken, entsteht auch bei der Erzeugung von Strom CO2. Die Werte variieren in Europa nach Land und nach Tag stark. Sie reichen von mehr als 700 Gramm CO2 pro kWh Strom in Polen bis zu unter zehn Gramm in Schweden.

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