Missbrauchsdarstellungen 

Härtere Strafen, Konzepte an Schulen: Regierung einigt sich auf Kinderschutzpaket

Alma Zadic und Susanne Raab
Alma Zadic und Susanne Raab APA/Herbert Neubauer
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Frauenministerin Raab (ÖVP) und Justizministerin Zadić (Grüne) präsentierten das Paket am Rande der Plenarsitzung. Jugendstaatssekretärin Plakolm (ÖVP) war in die Präsentation nicht involviert, Bildungsminister Polaschek (ÖVP) will über Details für Schulen gesondert informieren.

Türkis-Grün hat am Mittwoch im Ministerrat das angekündigte Kinderschutzpaket beschlossen. Es umfasst höhere Strafen für den Besitz und die Verbreitung von Missbrauchs-Darstellungen Minderjähriger sowie Kinderschutzkonzepte für Schulen und Vereine. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne) präsentierten es im Anschluss am Rande der Plenarsitzung im Parlament.

Dabei geht es insbesondere um Straferhöhungen: Der Strafrahmen für den Besitz der sexualisierten Darstellung Jugendlicher über 14 Jahren wird von ein auf zwei Jahre erhöht, bei Kindern unter 14 von zwei auf drei. Die Mindeststrafe für die Herstellung und Verbreitung wird auf ein Jahr verdoppelt. Bei Besitz bzw. Herstellung und Verbreitung vieler solcher Darstellungen (mehr als 30 Bilder oder Videos) sind jeweils noch höhere Strafen von bis zu fünf bzw. zehn Jahren vorgesehen. Mit den höheren Strafrahmen „zeigen wir, dass unsere Gesellschaft den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen keinesfalls duldet und es für die Täter kein Pardon gibt“, erklärte Familienministerin Susanne Raab (ÖVP).

Außerdem soll ein Tätigkeitsverbot - dieses war vor allem von Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) wiederholt eingefordert worden - für Sexualstraftäter künftig auch dann ausgesprochen werden, wenn die Tat nicht zum Zeitpunkt einer pädagogischen Tätigkeit erfolgt ist, sondern auch davor. Alle Arbeitgeber sollen zudem informiert werden können, wenn von ihren Mitarbeitern „wegen sexueller Gewalt gegen Minderjährige akute Gefahr“ ausgeht. Wie das geschehen soll, überprüfe man derzeit.

Zur Verbesserung von Cyber-Ermittlungen sieht das Kinderschutzpaket neue Schwerpunktdienststellen und mehr Personal für Cybercrime Competence Center im Bundeskriminalamt vor.

Kinderschutzkonzepte an Schulen

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) wird Details zu den Kinderschutzkonzepten an Schulen eigens präsentieren. Feststeht aber, dass Kinderschutzkonzepte für Schulen in Zukunft verpflichtend sind. Im Ministerratsvortrag ist von „Maßnahmen zum Schutz der Schülerinnen und Schüler vor physischer, psychischer oder sexualisierter Gewalt“ die Rede, von einem „Verhaltenskodex beim Aufenthalt in der Schule“ und einer „Risikoanalyse“ an jeder Schule.

Auch Vereine sollen bei der Erstellung solcher Konzepte unterstützt werden. Wenn sie entsprechende Qualitätskriterien erfüllen, können sie ein „Kinderschutz-Gütesiegel“ erhalten. Zudem ist eine Kinderrechtskampagne geplant, die Kinder und Jugendliche in kindgerechter Sprache über ihre Rechte und darüber, was ein Übergriff ist, informieren soll.

Die psychosoziale Nachbetreuung für Opfer von Gewalt wird um 3,5 Millionen Euro ausgebaut und das Budget der Familienberatungsstellen um drei Millionen Euro pro Jahr aufgestockt. 

Eine Lösung wurde laut Regierung auch für das sogenannte „Sexting“ unter gleichaltrigen Minderjährigen gefunden. Auch das war bis zuletzt Streitpunkt zwischen ÖVP und Grünen. Das grüne Justizministerium regelt künftig per Erlass, dass in solchen Fällen von einer Strafverfolgung abgesehen werden kann, auch wenn Unter-14-Jährige beteiligt sind. Sollte doch die Strafverfolgung angezeigt sein, wird zu prüfen sein, ob eine Diversion möglich ist, sofern dies nicht aufgrund der Schwere der Tat und den Folgen für das Opfer ausscheidet.

Generell solle der Begriff Kinderpornografie nicht mehr verwendet werden: Im Gesetz wird daher der Begriff der „Pornographischen Darstellung Minderjähriger“ durch den Begriff „Bildliches sexualbezogenes Kindesmissbrauchsmaterial und bildliche sexualbezogene Darstellungen minderjähriger Personen“ ersetzt.

Eiszeit zwischen Plakolm und Zadić

Das Paket solle wirken, bevor Kinder überhaupt Opfer werden, betonten Raab und Zadić, die das Paket am Rande der Plenarsitzung im Parlament präsentierten. Dass Staatssekretärin Plakolm, die sich zuletzt mehrfach Tempo für das Paket eingefordert hatte, nur wenige Meter von Raab und Zadić entfernt auf der Regierungsbank im Plenum saß und damit nicht involviert war, war überraschend.

Dem Vernehmen nach hat sich das Justizministerium geweigert, sich an der Seite von Plakolm, die sie zuletzt mehrfach für ihre Säumigkeit öffentlich kritisiert hatte, vor die Medien zu stellen. Auf Nachfrage im Justizministerium heißt es, dass Raab und Zadić das Paket gemeinsam präsentierten, weil sie es „federführend“ verhandelten. Zudem sei es üblich, jeweils eine Vertreterin der Regierungsparteien präsentieren zu lassen. Im Hintergrund aber war deutlich, dass man Plakolm aus grüner Sicht damit eine Rechnung für ihre wochenlangen Ausritte gegen Zadić ausstellen wollte.

Zum Paket selbst äußerte sich Plakolm im Anschluss lobend: „Das ist ein klassisches Beispiel für Anlassgesetzgebung. Anlassgesetzgebung deshalb, weil es in letzter Zeit Anlässe gegeben hat, bei denen die Strafen nicht in Relation zum verursachten Leid standen“, spielte sie auf das Urteil in der Causa Teichtmeister an.

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