Morgenglosse

Die Regierung dominiert den ORF: Darf sie das?

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann war der Kandidat der ÖVP. Sie dominiert derzeit die ORF-Gremien.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann war der Kandidat der ÖVP. Sie dominiert derzeit die ORF-Gremien.APA / Thomas Ramstorfer
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In Österreich treibt der Verfassungsgerichtshof die Medienpolitik vor sich her. Nach der ORF-Finanzierung steht nun nichts Geringeres als die Unabhängigkeit des ORF auf dem Prüfstand.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) könnte heute Mediengeschichte schreiben: Das Höchstgericht lädt zur öffentlichen Verhandlung, um zu prüfen, ob die Regierung zu viel Einfluss auf Stiftungs- und Publikumsrat hat. Sprich: Ob die verfassungsmäßige Unabhängigkeit des ORF de facto auch gegeben ist. Oder eben nicht. Die Stiftungsräte sollen unabhängig und weisungsfrei agieren, werden aber zum Großteil von Bund, Ländern und Parteien bestellt und sprechen sich in „Freundeskreisen“ ab.

Das Gremium bestellt die ORF-Chefs, die in weiterer Folge vom Goodwill der Stiftungsräte (bzw. der Parteien, die diese ausgesucht haben) abhängig sind. Etwa wenn es um die Erhöhung der ORF-Beiträge geht, die auch in Zukunft nicht indexiert sind. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann hängt am Gängelband der Politik. Namentlich an jenem der ÖVP, die ihn bei der ORF-Wahl ins Rennen schickte und die den Stiftungsrat dominiert. Kein Wunder also, dass die Regierung wenig Interesse daran hat, an diesem System etwas zu ändern.

Was bezweckt Doskozil?

Warum nun das Land Burgenland unter SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil den VfGH in dieser Angelegenheit angerufen hat, bleibt Spekulation. Immerhin hat ja auch die SPÖ ihren Einfluss auf den ORF wahrgenommen, als sie die Möglichkeit dazu hatte. Und sie wird es wieder tun, wenn sie in die Regierung kommt. Fest steht: Doskozil hat sich an das Höchstgericht gewandt, nachdem er seinen Kandidaten für die ORF-Landesdirektion nicht durchgebracht hatte. Der Landeshauptmann konnte seinen eigenen politischen Einfluss nicht durchsetzen – und beklagt nun zu viel politischen Einfluss der anderen.

Jetzt ist also der VfGH am Zug. Damit treibt das Höchstgericht die heimische Medienpolitik weiter vor sich her. Gerade erst wurde die Regierung gezwungen, das ORF-Gesetz zu reparieren, weil der VfGH die bisherige ORF-Finanzierung als nicht verfassungskonform aufgehoben hatte. Der ORF-Beitrag für alle, der ab 2024 eingehoben wird, ist das Resultat. Sollte das Höchstgericht die Regelungen für Stiftungs- und Publikumsrat angreifen oder die fehlende Kontrolle gewisser Vorgänge durch die Medienbehörde monieren, müsste die Regierung handeln. Sie könnte ein VfGH-Urteil nicht einfach ignorieren wie sie es mit der Kritik des Rechnungshofes gemacht hat, der den Stiftungsrat für zu groß und daher handlungsunfähig kritisiert hat. Passiert ist danach: nichts.

Für den ORF wäre ein Zurückdrängen des Politik-Einflusses jedenfalls ein Befreiungsschlag: Er ist als Stiftung der Allgemeinheit verpflichtet, nicht den politischen Parteien.

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