Morgenglosse

Wann ist ein Sieg ein Sieg?  

APA/ROLAND SCHLAGER
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Sophie Karmasin liefert sich einen Schlagabtausch mit der WKStA – und verbucht einen Etappensieg.

Schon klar, die frühere Familienministerin Sophie Karmasin hat nur ihre Beschuldigtenrechte wahrgenommen. Ihre Rechtsansicht, eigentlich muss man sagen: die Rechtsansicht ihres Anwalts Norbert Wess, prallte auf jene der Korruptionsstaatsanwaltschaft, der WKStA, und jene des Straflandesgerichts Wien. Am Ende entschied die übergeordnete Instanz, das Oberlandesgericht Wien. Und gab Karmasin (respektive Wess) recht.

Hat Karmasin dieses Kräftemessen „gewonnen“? Ja und nein. Umgangssprachlich kann man einen Prozess oder auch ganz allgemein eine juristische Auseinandersetzung „gewinnen“. Aber freilich hat auch die WKStA einen Punkt, wenn sie sinngemäß erklärt: Wir spielen kein Match, wir machen nur unsere Arbeit.

Worum geht es? Nun, Karmasin (wegen Wettbewerbsmanipulation erstinstanzlich bereits verurteilt) ist nach wie vor einigen strafrechtlichen Vorwürfen ausgesetzt. Vor allem in der Inseratenaffäre rund um Sebastian Kurz, Ex-ÖBAG-Boss Thomas Schmid und die Meinungsforscherin Sabine Beinschab.

In einem Seitenstrang dieses Ermittlungsverfahrens begehrte Karmasin Akteneinsicht. Und musste sieben Monate darauf warten. Das derart lange Verwehren der Akteneinsicht durch die WKStA – abgestützt auf einen Beschluss des Straflandesgerichts Wien - war rechtswidrig. Das besagt der oben erwähnte (unanfechtbare) OLG-Entscheid.

Aber warum ist man bei der Aufarbeitung diverser Inseraten-, Chat-, Casinos- und sonstigen Affären überhaupt geneigt, auf „Siege“ oder „Niederlagen“ der WKStA zu warten. Warum gibt es überhaupt zwei Lager, jenes, das „I love WKStA“-T-Shirts trägt und jenes, das den Korruptionsjägern vorwirft, selbst eine bestimmte politische Agenda zu haben?

Darauf gibt es zwei Antworten. Erstens: Weil die WKStA zum Beispiel durch das heimliche Aufzeichnen einer Dienstbesprechung mit dem (derzeit suspendierten) Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek ziemlich weit gegangen ist; den Boden behördlicher Usancen verlassen hat.

Oder weil sie (mit richterlicher Genehmigung) in den Büros des vormaligen Staatsschutzes (BVT) eine Razzia vornehmen ließ, die das BVT so stark ramponierte, dass es umstrukturiert werden musste. Kurzum: Weil es Aktionen gab, die behördeninterne Kämpfe auslösten und eine Art Lagerbildung nach sich zogen.

Zweitens: Weil viele WKStA-Verfahren ins Umfeld politischer Parteien reichen und es zu deren Reflexen gehört, die ganze Welt in politische Freunde und politische Feinde zu unterteilen. Davon bleibt natürlich auch die WKStA nicht verschont.

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