Börsengänge

Beispiel Birkenstock: Warum man Aktien nicht am ersten Börsentag kaufen sollte

Birkenstock-Banner an der New Yorker Börse.
Birkenstock-Banner an der New Yorker Börse.APA / AFP / Angela Weiss
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Der Börsengang von Birkenstock ist ein historisches Debakel. Doch Börsengänge sind am Anfang häufig kein wirklicher Erfolg. Und dafür gibt es mehrere Gründe.

Es war ein im Vorfeld durchaus gehypter Börsegang: jener des deutschen Sandalen-Herstellers Birkenstock. Wurde man für das Tragen der Schuhe vor rund 20 Jahren noch schief angeschaut, erlebte das Fußwerk in den vergangenen Jahren ein sagenhaftes Revival. Der US-Finanzinvestor L Catterton, der sich das Unternehmen vor zwei Jahren mehrheitlich einverleibt hatte, wollte nun Kasse machen und es an die Börse bringen. Doch bereits kurz nach Börsenstart stürzte die Aktie um rund 13 Prozent ab. Wie kann so etwas geschehen?

Nun das Börsenumfeld ist derzeit alles andere als gut. Der Fear & Greed-Index, der von CNN Business ermittelt wird, bewegt sich derzeit im Bereich der „Furcht“. Das hängt einerseits mit der Geldpolitik zusammen, da an den Märkten unklar ist, wohin sich die Zentralbanken bewegen werden und wie viele Zinserhöhungen es noch geben wird, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Zudem stellt sich für Investoren auch die Frage, wie lange die Zinsen hoch bleiben werden, bevor erste Zinssenkungen im Raum stehen. Zinserhöhungen sind für Aktien schlecht, da sie die tendenziell sichereren Anleihen attraktiver machen.

Die Konjunktur entwickelt sich ebenfalls verhalten. Zwar soll die US-Wirtschaft in diesem Jahr wachsen, doch gibt es Analysten, die der größten Volkswirtschaft im kommenden Jahr durchaus eine Rezession zutrauen. Auch in China und der Eurozone hat man schonmal bessere Wachstumsraten gesehen.

Aktien sind in diesem Umfeld derzeit in Summe ein vergleichsweise riskantes Investment. Denn mit Staatsanleihen lassen sich schöne Renditen erzielen, sie gelten als sicher, da die Wahrscheinlich eines Zahlungsausfalls wie der USA oder Österreich praktisch nicht vorhanden ist.

Studie analysierte Börsengänge

Die schlechte Performance von Birkenstock am ersten Börsetag dürfte aber nicht nur mit diesen aktuellen Umständen zu tun haben, sondern passt auch in ein größeres Bild, dass sich aus früheren IPOs (Initial Public Offerings) ergibt.

Eine Erhebung, die die Börsengänge zwischen 1970 bis 1990 analysiert hat, kommt zu dem Schluss, dass die durchschnittliche jährliche Rendite für Börsengänge in den ersten fünf Jahren nach der Emission lediglich bei fünf Prozent lag, verglichen mit der Performance von zwölf Prozent von Unternehmen vergleichbarer Größe, die bereits am Markt handelten. Bei einer anderen Studie stellte man fest, dass IPOs zwischen 1977 und 1985 im Schnitt um fast 14 Prozent hinter dem Markt zurückblieben. Erhebungen, die bis 2005 reichen, zeichnen ein ähnliches Bild.

Grund dafür ist der oftmals zu hohe Preis, der bei Börsegängen festgelegt wird. Dieser wird bei Börsengängen von großen Investmentbanken bestimmt. Sie ermitteln auf dem Markt, wie viel die Investoren zu zahlen bereit sind, wenn das Papier in den Handel kommt. Manchmal ist der Hype im Vorfeld groß, in der Realität lassen Investoren dann aber lieber die Finger von einer Aktie. Die Banken, die den Börsegang begleiten, zeichnen im Vorfeld einen Teil der Emission selbst, auch damit sie ihren Kunden die Aktien dann weiterverkaufen können.

In der Regel haben auch andere Großinvestoren die Möglichkeit, die Aktie noch vor dem Handel zu kaufen und erhoffen sich dann beim Verkauf der Papiere am ersten Tag, einen Gewinn zu erzielen, so das Papier auf dem Markt gut angenommen wird. Oft ist nämlich der Ausgabekurs höher als der Zeichnungskurs. Ist das nicht der Fall, machen sie ein Verlustgeschäft.

Es dauert, bis sich ein Markt entwickelt

Manchmal werden auch Mitarbeiter an Unternehmen beteiligt und dürfe ihre Papiere erst nach einiger Zeit verkaufen. Hinzu kommt, dass dem Markt zu Beginn oft nur ein vergleichsweise kleines Aktienpaket für den freien Handel angeboten wird. Alteigentümer entscheiden sich oft erst später für weitere Verkäufe. Es dauert dann einige Zeit bis sich am Markt eine neue Käuferschicht gefunden hat.

Manchmal wollten Investoren auch einfach abwarten, wie sich ein Papier entwickelt, bevor sie sich für den Kauf einer Aktie entscheiden. Kleinanleger sollten sich in den ersten Tagen nach Handelsstart mitunter nicht zum Kauf hinreißen lassen, sondern ebenfalls zuwarten.

Nur 13 Börsengänge schlechter als Birkenstock

Das Börsendebüt von Birkenstock ist laut von Bloomberg zusammengestellten Daten ein Debakel – noch dazu von historischem Ausmaß. Von mehr als 300 Börsengängen, die in den vergangenen 100 Jahren stattfanden und ein Volumen von über einer Mrd. Dollar besaßen, schnitten nur 13 schlechter ab. Der letzte Patzer passierte der Softwareschmiede AppLovin, die an ihrem ersten Handelstag im April 2021 18,5 Prozent unter dem IPO-Preis schloss.

Wie sich die Birkenstock-Aktie in den nächsten Wochen nun entwickle, hänge davon ab, ob das Unternehmen die Wachstumserwartungen erfüllen könne, sagte Javier Gonzalez Lastra, Investment Partner bei Tema ETFs. 

In der Vorwoche musste der deutsche Rüstungskonzern Renk beispielsweise kurzfristig seinen Börsegang absagen, weil die Nachfrage am Markt nicht gut genug war. Der Börsegang des Chipherstellers ARM Mitte September, der jahrelang erwartet worden war, ist ebenfalls nicht gut gegangen. Das Papier notiert derzeit auch unter dem Ausgabekurs.

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