Industrie

Der mögliche Einstieg des österreichischen Staates beim AT&S-Konzern irritiert den Markt

Das neue Werk von AT&S in Leoben soll 500 Mio. Euro kosten.
Das neue Werk von AT&S in Leoben soll 500 Mio. Euro kosten. APA/APA/Ingrid Kornberger
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Der steirische Leiterplattenkonzern AT&S braucht Geld für das rasante Wachstum und ist auch für eine Staatsbeteiligung offen. Warum gerade jetzt, fragt ein Analyst. Die Aktie stürzt ab.

Wien. Der steirische Leiterplattenhersteller AT&S könnte bald einen neuen und strategischen Großaktionär bekommen. Und zwar die staatliche österreichische Beteiligungsholding Öbag. Das gab der Konzern via Adhoc-Nachricht Montagnacht bekannt. Bisher verwaltet die Öbag nur die Beteiligungen des Staates (etwa Post oder Telekom). Dass sie künftig auch eine aktive Rolle bei strategisch wichtigen Unternehmen einnimmt, steht aber schon seit Längerem auf ihrer Agenda. Es könnte nun zum ersten Mal konkret werden. AT&S sei bereits vor einigen Wochen auf die Öbag zugekommen, heißt es bei der Beteiligungsholding auf Anfrage der „Presse“.

Der Konzern erwägt eine Kapitalerhöhung, die insgesamt bis zu 50 Prozent des jetzigen Grundkapitals ausmachen könnte. Im Zuge dessen könnte die Öbag einen Anteil von mindestens 25 Prozent plus eine Aktie zeichnen. Der AT&S-Vorstand will aber auch mit anderen Investoren über einen möglichen Einstieg reden. Diese hätten jedenfalls Interesse, sagte AT&S-Chef Andreas Gerstenmayer zur APA.

Auch für die Öbag würde eine Beteiligung an AT&S von den Bedingungen her gut passen, da die Neugeschäftsstrategie ein Engagement in Firmen mit Zukunftstechnologien ermögliche, sagt Öbag-Sprecher Michael Mauritz zur „Presse“. „Die Gespräche befinden sich aber in einem frühen Stadium – ohne Involvierung von Gremien“.

Die Aktionäre zeigten sich am Dienstag jedenfalls nicht begeistert. Die Aktie stürzte im Tagesverlauf um über 15 Prozent ab. Doch warum?

„Viele Details fehlen uns“

„Die Notwendigkeit einer größeren Kapitalmaßnahme passt mit der aktuellen Liquiditätssituation des Unternehmens eigentlich nicht zusammen“, erklärt Erste-Group-Analyst Daniel Lion auf Anfrage der „Presse“. Denn das Unternehmen sitze auf 1,3 Milliarden Euro an verfügbaren Mitteln, die nicht nur Cashbestände, sondern auch zugesagte Kreditlinien beinhalten. „So wie es sich anhört, dürfte allerdings noch ein viel größeres Investitionsvolumen anstehen, als vom Unternehmen aktuell kommuniziert wurde.“ Und weiter: „Viele Details fehlen uns.“ Was man bisher wisse, sei, dass das Unternehmen in Malaysia zwei Werke für zwei große Kunden baue. Eines davon, jenes für Intel, sei nach hinten verschoben worden, bisher wird laut Lion nur die Hülle fertig gebaut. Auch im Heimatmarkt sollen 500 Mio. Euro bis 2025 investiert werden, und zwar am Standort Leoben. „Aber wie viele Investitionen noch konkret offen sind, weiß man offensichtlich nicht“, sagt Lion.

Finanzierung auf solider Basis

Man wolle ganz einfach für die Zukunft gewappnet sein und die Finanzierung des Wachstums auf eine solide Basis stellen, sagt AT&S-Sprecher Gerald Reischl zur „Presse“: AT&S wolle bis zum Geschäftsjahr 2026/27 seinen Umsatz auf 3,5 Mrd. Euro verdoppeln. Die Frage, ob man auch Zukäufe plane, ließ Reischl offen.

Warum die Kapitalmaßnahme zum jetzigen Zeitpunkt kommuniziert werde bzw. über die Bühne gebracht werden soll, sei nicht nachvollziehbar, sagt Lion weiter. Denn im kommenden Jahr soll sich das Ergebnis des Konzerns deutlich verbessern. „Natürlich ist es für den Staat jetzt billiger, aber das Management muss die bestehenden Aktionäre vertreten.“ Die Kapitalmaßnahmen würden laut Lion nun dazu führen, dass die Aktionäre „über die Maßen verwässert werden“. Es müsse folglich eine gewichtige Entscheidung anstehen, damit sich der Schritt rechtfertigen lasse. Um ob der aktuellen Bilanzsituation nervös gewordene Banken zu beruhigen, hätte laut Lion wohl eine kleinere Kapitalmaßnahme genügt.

Die Aktie kostete am Dienstag nur noch knapp 25 Euro, im Schnitt der vergangenen drei Jahre waren es knapp über 35 Euro. Vor allem zwischen Ende August und Ende Oktober stürzte sie um fast 30 Prozent ab. Wegen hohen Preisdrucks und schwächelnder Nachfrage wurde im abgelaufenen Halbjahr (per Ende September) um 24 Prozent weniger Umsatz erwirtschaftet. Das Konzernergebnis sank um 78 Prozent auf 49 Mio. Euro.

Aktuell sind die Privatstiftungen des Unternehmers Willi Dörflinger sowie des früheren österreichischen Finanzministers Hannes Androsch mit je rund 18 Prozent an AT&S beteiligt. Gut 64 Prozent sind im Streubesitz. Ob die beiden Stiftungen bei einem Einstieg der Öbag ihre Anteile auch aufstocken könnten, könne er nicht beantworten, sagte Vorstand Gerstenmayer. Aus Unternehmenssicht wäre es allerdings zu „begrüßen, wenn wir am Ende drei starke Kernaktionäre haben“.

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