TV-Notiz

ÖVP-Generalsekretär bei Armin Wolf: Wie bei Germanisten

Wessen Interpretation ist gültig? Das fragten sich ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker und Moderator Armin Wolf am Dienstagabend
Wessen Interpretation ist gültig? Das fragten sich ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker und Moderator Armin Wolf am DienstagabendScreenshot ORF
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In der „ZiB 2“ zeigte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, wie sich die Partei gegen die Vorwürfe, die mit dem Pilnacek-Tonband aufgetaucht sind, verteidigen wird. Der Schlagabtausch mit dem Moderator war durchaus sehenswert.

Wen schickt eine Partei inmitten eines Skandals in die „ZiB 2“? Immer eine schwierige Frage. Jüngster Anlass: Die gestern ausgebrochene Affäre um die ÖVP und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, ausgelöst durch eine Tonbandaufnahme vom verstorbenen ehemaligen „Super-Sektionschef“ im Justizministerium, Christian Pilnacek. Oft fällt die undankbare Aufgabe des ersten Feuerlöschversuchs in die Zuständigkeit des Generalsekretärs, und so entsandte die Volkspartei am Dienstagabend den ihren, Christian Stocker, auf den Küniglberg.

Bei Armin Wolf zeigte der Jurist ruhig, aber bestimmt, die zwei Verteidigungslinien der ÖVP in der Causa vor, für die sich noch kein Name durchgesetzt hat. Die eine Methode: Dass die Aufnahme bzw. deren Veröffentlichung pietätlos gegenüber Pilnacek sei; es sich dabei um „KGB-Methoden, Stasi-Methoden“ handle, gefährlich für die Demokratie. Diese nahm weniger Raum ein, denn – wie Wolf richtig anmerkte – hat es der FPÖ im Mai 2019 auch nicht geholfen, nur über die Umstände des Ibiza-Videos reden zu wollen, nicht aber über deren Inhalt.

Der Inhalt des Tonbandes ist durchaus explosiv. Von Interventionsversuchen ist die Rede, von der Aufforderung aus der Politik an Pilnacek, in Verfahren einzugreifen. In der Debatte darüber kam die zweite Verteidigungslinie Stockers zum Tragen: Nämlich Aussage gegen Aussage zu stellen. Teils wurde Pilnacek in den U-Ausschüssen zu denselben Themen befragt, über die er im Innenstadt-Lokal sprach. Der Inhalt klang allerdings anders.

Stocker argumentierte mit den Aussagen, die Pilnacek in den U-Ausschüssen getätigt hatte
Stocker argumentierte mit den Aussagen, die Pilnacek in den U-Ausschüssen getätigt hatteScreenshot ORF

Wenn er eine Gegenaussage aus den U-Ausschüssen habe, „werde ich mich zu diesem Machwerk nicht äußern“, meinte Stocker folglich. Pilnacek habe schließlich unter Wahrheitspflicht ausgesagt. Wolf argumentierte, Pilnacek sei im U-Ausschuss sehr konkret gefragt worden und habe sehr konkret geantwortet. Seine Aussagen stünden darum nicht unbedingt im Widerspruch zu dem, was er beim privaten Essen gesagt habe.

Vor Wolf lagen Zettel mit Zitaten. Doch auch Stocker hatte Papierwerk mitgebracht: Die ganzen 133 Seiten mit Pilnaceks U-Ausschuss-Aussagen. Die Szenerie wirkte ein bisschen wie bei einem Wettstreit zwischen zwei Germanisten um die Interpretation eines Textes (hier eben zwischen einem Juristen und einem Politikwissenschaftler). „Es gibt hier viele Passagen, die wir uns vorlesen können“, kommentierte Stocker in der durchaus amüsanten Passage. Es wäre unterhaltsam gewesen.

Bleibt aber die Frage: Wo sagte Pilnacek die – ganze – Wahrheit? Beim „Wirtshausgespräch unter dubiosen Umständen“, wie Stocker es formulierte, oder im U-Ausschuss, wo er unter Wahrheitspflicht stand? Die traurige Realität, nicht nur für die politische Kultur Österreichs, ist: Die Antwort auf diese Frage fällt längst nicht so klar aus, wie der ÖVP-Generalsekretär sie gerne hätte. Wessen Schuld ist das eigentlich?

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