Niederlande

Wilders auf Koalitionssuche: Koranverbot kommt vorerst nicht

Geert Wilders lässt sich am Donnerstag feiern.
Geert Wilders lässt sich am Donnerstag feiern.Reuters / Yves Herman
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Der Rechtspopulist verdoppelt sein Ergebnis von 2021. Gratulationen an Wilders gibt es von FPÖ, AfD, Orban und Le Pen. Die Bürgerlichen Parteien zögern, schließen eine Zusammenarbeit nicht vollkommen aus.

Nach dem triumphalen Wahlsieg des Rechtspopulisten Geert Wilders erwarten die Niederlande schwierige Koalitionsverhandlungen. Der Rechtsaußen will künftig mit seiner islamfeindlichen Partei regieren und Mark Rutte als Ministerpräsident nachfolgen. Potenzielle Partner für Wilders sind die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), der erst kürzlich gegründete Neue Soziale Vertrag (NSC) und die Bauer Bürger Bewegung (BBB).

Wilders versicherte in der Wahlnacht, dass er seine radikalsten Forderungen wie ein Koranverbot und die Schließung von Moscheen erst einmal nicht durchsetzen wolle. „Wir bleiben innerhalb der Grenzen des Grundgesetzes“, beteuerte er. „Ich werde ein Premier für alle Niederländer sein - egal wo man herkommt und welche Religion man hat.“ Bei der Parlamentswahl vom Mittwoch hatte Wilders' Partei für die Freiheit (PVV) 37 der 150 Parlamentssitze geholt. Auf Platz zwei und drei folgten das rot-grüne Bündnis des ehemaligen EU-Kommissars Frans Timmermans mit 25 Mandaten und die VVD mit 24.

Was macht Rutte-Nachfolgerin Dilan Yesilgöz?

Die Initiative für Sondierungsgespräche liegt in den Niederlanden traditionell bei der größten Partei und damit bei Wilders. Ruttes Nachfolgerin als VVD-Chefin, Dilan Yesilgöz, hatte vor der Wahl eine Regierungsbeteiligung unter einem Ministerpräsidenten Wilders ausgeschlossen, doch in der Wahlnacht äußerte sie sich auffallend weniger eindeutig.

Auch der ehemalige Christdemokrat Pieter Omtzigt vom NSC zeigte sich prinzipiell offen. Im Wahlkampf hatte er dagegen noch gesagt, Wilders' Auffassungen seien teilweise nicht mit der Verfassung vereinbar, weshalb er als Partner nicht infrage komme. Die BBB-Chefin Caroline van der Pla, deren Partei vor allem eine weniger strenge Klimapolitik anstrebt, würde gern mit Wilders regieren.

 VVD-Chefin, Dilan Yesilgöz, muss nun abwägen, ob eine Zusammenarbeit mit Wilders Partei für ihre Partei möglich ist.
 VVD-Chefin, Dilan Yesilgöz, muss nun abwägen, ob eine Zusammenarbeit mit Wilders Partei für ihre Partei möglich ist. APA / AFP / Remko De Waal

Wilders feiert Erfolg

Wilders stieß am Donnerstag in Den Haag mit seinen Gefolgsleuten auf den Wahltriumph an. „Es hat geklappt“, sagte er. „Wir haben 37 Sitze geholt, könnt ihr euch das vorstellen?“ Nun werde sich seine Partei für den normalen Niederländer einsetzen, der die Politik der vergangenen Jahre satthabe. Seine Ziele seien eine strengere Asylpolitik, mehr Wohnungen und ein besseres Gesundheitssystem. Er sei dabei zur Zusammenarbeit mit anderen Parteien bereit. „Der Niederländer verdient es, und dann wird es auch so kommen, dass die PVV in das nächste Kabinett eintritt“, sagte Wilders.

Flüchtlingsorganisationen und muslimische Verbände äußerten sich entsetzt über den Erfolg des Rechtspopulisten. Muhsin Köktas, Vorsitzender eines muslimischen Interessenverbands, sagte, wenn Wilders sein Wahlprogramm in die Tat umsetze, könnten Muslime in den Niederlanden ihre Religion nicht mehr frei ausüben.

Wegen seiner antiislamischen Auffassungen steht Wilders schon seit 20 Jahren im Fadenkreuz radikaler Islamisten und wird rund um die Uhr bewacht. Im jüngsten Wahlkampf schlug er versöhnlichere Töne an, weil er erstmals seit langer Zeit eine Möglichkeit sah, wirklich an die Regierung zu kommen. 2010 hatte er einmal vorübergehend eine Minderheitsregierung unter Premier Rutte toleriert. Doch die Zusammenarbeit war 2012 gescheitert.

Für Geert Wilders gibt es am Donnerstag Torte.
Für Geert Wilders gibt es am Donnerstag Torte.Reuters / Yves Herman

Rutte will Wilders Wahlsieg nicht kommentieren

Ruttes derzeitige Vier-Parteien-Koalition war im Juli im Streit um die Migrationspolitik zerbrochen. In der Folge kündigte er nach 13 Jahren als Regierungschef seinen Rückzug aus der Politik an. Bis zum Antreten einer neuen Regierung will er aber im Amt bleiben. Der noch amtierende Ministerpräsident wollte auch nicht auf den Wahlsieg Wilders reagieren. Eine Reaktion überlasse er der Spitzenkandidatin seiner Partei VVD, Dilan Yesilgöz, sagte Rutte am Donnerstag in Den Haag vor Reportern. „Als Premier habe ich keine Meinung zum Wahlergebnis.“

Rechtspopulisten in Europa bejubelten hingegen Wilders' Triumph. „Wilders ist ein bedeutender Partner im Einsatz für eine restriktive Migrationspolitik und gegen eine ausufernde Islamisierung Europas. Das System steht wie in Österreich bereits an der Kippe“, schrieb FPÖ-Chef Herbert Kickl am Donnerstag auf Facebook. „Wir können stolz sein, solche politischen Partner in Europa zu haben. Wenn wir gemeinsam unsere konsequente und ehrliche Politik weiterführen, ist auch im kommenden Jahr bei uns in Österreich ALLES möglich!“, so Kickl weiter. „Ich freue mich und gratuliere herzlich!“, schrieb der FPÖ-Delegationsleiter im EU-Parlament, Harald Vilimsky, im Kurznachrichtendienst X (Twitter).

AfD-Chefin Weidel: „Ganz Europa will die politische Wende“

„Herzlichen Glückwunsch zu diesem großen Erfolg. Ganz Europa will die politische Wende!“, schrieb AfD-Chefin Alice Weidel. Auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban und die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen gratulierten Wilders. „Die Winde des Wandels sind da!“ („The winds of change are here!“), gratulierte Orban.

Besorgt zeigte sich indes der niederländische Journalistenverband. Wilders schüre Feindseligkeit und Bedrohungen von Journalisten, sagte der Generalsekretär des Verbandes, Thomas Bruning, am Donnerstag in Amsterdam. Der Rechtspopulist hatte nach Aussagen von Bruning in der Vergangenheit einige „alarmierende Aussagen“ gemacht. So hatte er bei Twitter 2021 Journalisten als „gesellschaftlichen Abschaum“ beschimpft. Man habe gesehen, dass dies Auswirkungen für die Berufsgruppe habe, auf die Sicherheit bei der Arbeit. Wilders habe die Aussagen dennoch nicht zurücknehmen wollen. Wilders Partei für die Freiheit (PVV) will zum Beispiel auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht länger mit Steuergeldern finanzieren. „Unterm Strich will er damit den öffentlich-rechtlichen Journalismus abschaffen“, sagte Bruning. (APA)

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