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IV-Präsident Knill: „Ein Rucksack voller schwerer Steine für die Industrie“

Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, macht sich Sorgen um den Wohlstand in Österreich und Europa.
Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, macht sich Sorgen um den Wohlstand in Österreich und Europa.APA / Eva Manhart
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Die hohen Lohnabschlüsse seien eine große Belastung für die Industrie, sagt Georg Knill. Darunter leide vor allem die Wettbewerbsfähigkeit. Immer mehr Betriebe wandern ab.

Wien. Es war ein zäher Verhandlungsmarathon, den die Metaller vergangene Woche in der achten Verhandlungsrunde abgeschlossen haben. Der Abschluss sei „ganz klar kein Grund zur Freude“, sagte Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung (IV) am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Damit setzte er auch einen leichten Seitenhieb gegen seinen Bruder Christian Knill, der die Metaller-Verhandlungen für die Arbeitgeberseite angeführt hat. Dieser hatte die Einigung auf ein Lohn- und Gehaltsplus von durchschnittlich 8,6 Prozent vergangene Woche noch zufrieden als „fair und innovativ“ bezeichnet.

Obwohl bekannte österreichische Industriebetriebe dieses Jahr schöne Dividenden ausschütteten, nutzte IV-Präsident Knill seinen TV-Auftritt, um die „verheerende wirtschaftliche Situation“ für die heimische Industrie zu betonen. Diese hätte mit einer veritablen Krise zu kämpfen, die Rezession in der Industrie liege bei drei Prozent, deutlich unter den minus 0,8 Prozent, die Wirtschaftsforscher dieses Jahr für Österreichs gesamte Volkswirtschaft prognostizieren.

Betrieben drohen Verluste

„Wir haben einen Rucksack umgehängt bekommen voller schwerer Steine“, sagt der IV-Präsident. Einer dieser Steine sind die jüngsten Lohnabschlüsse. Die Personalkosten würden in der metalltechnischen Industrie bis zu 30 Prozent des Umsatzes ausmachen, betont Knill und beklagt gestiegene Lohnstückkosten: „Viele Unternehmen werden wegen dieser Abschlüsse nächstes Jahr Verluste schreiben.“

Mit den anderen schweren Steinen meint Knill in seiner Metapher die in Österreich weiterhin überdurchschnittlich hohen Energiepreise und die „Regelwut“ auf europäischer Ebene. Um den Wettbewerbsnachteil teurer Energie zu kompensieren, wünscht er sich Unterstützung vonseiten der Politik – etwa angelehnt an den deutschen Industriestrompreis. An anderer Stelle fordert er ein temporäres Aussetzen wirtschaftspolitischer Lenkungsmaßnahmen, nämlich bei der CO2-Bepreisung, die die Inflation nur weiter befeuern würde.

»„Unsere Konkurrenten sitzen in Indien, China und den USA.“«

Georg Knill

Industriellenvereinigung

Die überbordende Bürokratie seitens der Europäischen Union würde Europa als Industriestandort im Gegensatz zu China, Indien und den USA noch unattraktiver machen. „Mit denen stehen wir aber im Wettbewerb“, sagt Knill.

Auch den Europäischen Green Deal zur Dekarbonisierung der Union prangert er an. „Wir sehen hier noch nichts vom versprochenen Wirtschaftsmotor durch den Green Deal.“ Dass heimische Industriebetriebe angesichts der schwierigen Marktlage vermehrt ihre Produktionen verlagern und Arbeitskräfte einsparen, kann er nachvollziehen.
Vergangene Woche kündigte etwa der oberösterreichische Industrielle Stefan Pierer an, weitere KTM-Produktionskapazitäten von Mattighofen nach China und Indien zu verlagern. Bis zu 300 Arbeitsplätze sollen davon betroffen sein. Als Grund nannte Pierer vor allem explodierende Kosten.

Abwanderung nach Asien

Derlei Absiedelungen sind inzwischen keine Seltenheit mehr und reichen quer über alle Industriezweige. Vor allem die Automobilindustrie wendet Europa zusehends den Rücken zu. „Den Automobilsektor als jahrzehntelange Schlüsselindustrie haben wir in Europa politisch kaputt gemacht“, sagt Knill. Am Wochenende wurde etwa bekannt, dass der deutsche Autozulieferer Bosch nächstes Jahr 1500 Jobs an seinen deutschen Standorten streichen will.

Auch der Zulieferer ZF Friedrichshafen will sich künftig verstärkt auf das China-Geschäft konzentrieren, berichtete die „WirtschaftsWoche“ am Sonntag. Europa könnte zusehends am Abstellgleis landen, warnt Knill – mit allen Folgen für den Wohlstand.

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