Serienkritik

„The Crown“-Finale: Kate Middletons Mutter, eine berechnende Kupplerin

Kate Middleton wurde „The Crown“ zufolge regelrecht auf William angesetzt.
Kate Middleton wurde „The Crown“ zufolge regelrecht auf William angesetzt. Justin Downing/Netflix
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Nach sechs Staffeln hat „The Crown“ nun ein Ende. Die Liebesgeschichte von William und Kate wurde reichlich ausgeschmückt, eine unerwartete Figur findet Einzug.

Von 1947 bis ins Jahr 2005 hat Autor Peter Morgan sein Publikum in „The Crown“ mitgenommen. Über sieben Jahre, sechs Staffeln und sechzig Episoden hat dieses gelernt: Der Unterhaltung halber muss der Dramatiker erfinden, ohne seine Fantasie gäbe die Serie nicht viel her. Nach Aristoteles ist das das Privileg der Dichtung. Trotzdem stellt sich eine Frage zum historischen Drama laufend wieder (zumindest all jenen, die der Royal Family nicht schon via Boulevard auf den Fersen waren): Fußt dieser Handlungsstrang auf der Realität oder ist er ein Kind von Morgans Einbildungskraft?

Etwa, wenn in Folge sieben Kate Middleton (erst Ella Bright, dann Meg Bellamy) und ihre Mutter Carole (Eve Best) auf Prinzessin Diana (Elizabeth Debicki) und Prinz William (Ed McVey) treffen. Es ist eine Rückblende ins Jahr 1996, wenige Monate vor Dianas Tod (der in den Folgen zuvor ausgiebigst behandelt wird, Geistererscheinung inklusive). Die Royals verkaufen Zeitschriften für den guten Zweck, die 16-jährige Kate ersteht trotz Menschentraube ein Exemplar. Es kommt zum kurzen Dialog, der in Wahrheit nie stattgefunden hat. Mehrfach hat die echte Kate öffentlich bedauert, Diana nie kennengelernt zu haben. Morgan erzählt etwas anderes.

Schlimmer als Mrs. Bennet!

Gewagt geschrieben, wie auch die Figur der Carole Middleton. Ihre tragende Rolle in den letzten Folgen hat etwas erfrischend Unerwartetes inmitten der sattsam bekannten historischen Ereignisse. Ganz unverhohlen nutzt Morgan den Charakter, um Spannung zu erzeugen: Dafür sind dem Autor Außenstehende, also Nicht-Royals, lieber. Auch Mohamed Al-Fayed diente diesem Zweck. Überhaupt ist „The Crown“ insgesamt recht unkritisch der Monarchie gegenüber, die Royals werden in ihrer Adelsrolle geradezu als bedauernswert gezeichnet. Es ist also nicht Kate, die künftige Königin, die dem Zuschauer die Geschichte des sozialen Aufstiegs durch die royale Hochzeit vermittelt – den Sündenbock gibt die Mutter. Schon früh fasst sie den Thronfolger als Schwiegersohn ins Auge und verfolgt diesen Traum fortan mit stoischer Penetranz. Sie sorgt dafür, dass der Prinz und ihre Tochter zeitgleich in denselben Kursen landen. Dabei hätte Kate eigentlich auf eine ganz andere Universität gehen sollen.

Eve Best als Carole Middleton.
Eve Best als Carole Middleton.Netflix

Sympathieträgerin ist Carole Middleton damit wahrlich keine, sogar die Tochter stellt sie irgendwann zur Rede und in Aussicht, dass der Prinz womöglich nicht der richtige Kerl für sie sei („Du bist schlimmer als Mrs. Bennet!“). Glaubt man der realen, royalen Erzählung, war er es doch. Wie die junge Liebe einst entflammte und ob die Middletons dabei die Strippen zogen, ist wenig bis gar nicht bekannt. Es handelt sich um eine notorisch medienscheue Familie, Material aus Erstquellen gibt es kaum, der Handlungsstrang wurde entsprechend ausgeschmückt. Die Erzählung um das junge Paar gleicht dabei einer herkömmlichen Liebeskomödie: Unschuldiges, vernünftiges Mädchen (den Auftritt in Dessous auf einer Modenschau mal ausgenommen) trifft auf begehrten Royal.

Dass das Treffen von William und Kate in Schottland kein Zufall gewesen sein könnte, kam erstmals 2013 auf, als Katie Nicholls Buch „Kate: The Future Queen“ erschien. Darin mutmaßt die Autorin, Kate habe des Prinzen wegen die Universität St. Andrews besucht – statt ihrer Wunsch-Uni in Edinburgh, an der sie schon aufgenommen war. Auch das prä-akademische „gap year“ tat sie ihm gleich. Ob aus Kalkül oder wegen Schwärmerei, wird sich kaum feststellen lassen.

Die letzte „Crown“-Staffel endet mit einer Hochzeit – nicht jener Williams und Kates, sondern der von Charles und Camilla. Und mit einer trübseligen Queen Elizabeth, die anfängt, über den Tod nachzudenken, nicht wissend, dass sie noch 17 Jahre leben wird. Eine Fortsetzung ist übrigens ausgeschlossen, sagt Morgan. Nicht schlimm: Am stärksten war die Serie ohnehin in ihren Anfängen.

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