Vor dem Superwahljahr

ÖVP und SPÖ: Der Annäherung erster Akt

ÖVP-Kanzler Karl Nehammer und SPÖ-Klubchef Philip Kucher im Nationalrat.
ÖVP-Kanzler Karl Nehammer und SPÖ-Klubchef Philip Kucher im Nationalrat.APA/Schlager
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Tauwetter im Parlament, Druck aus den Ländern: Finden ÖVP und SPÖ im Superwahljahr zueinander?

Sie ist gewissermaßen der politische Urzustand der Zweiten Republik: Insgesamt mehr als vier Jahrzehnte lang wurde Österreich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von einer Großen Koalition aus ÖVP und SPÖ regiert, also länger als von allen anderen Koalitionen, Allein- oder Expertenregierungen zusammen. Doch die träge Allianz ist längst aus der Mode gekommen, mit Sebastian Kurz wurde das Nein zu Rot schon vor Jahren zum türkisen Markenkern. Und es ist gerade einmal sechs Monate her, da hätte eine Zusammenarbeit von Schwarz und Rot kaum ferner sein können. Beide Kontrahenten um den SPÖ-Vorsitz, Hans Peter Doskozil und Andreas Babler, sprachen sich im turbulenten Frühsommer 2023 gegen eine Regierung mit der ÖVP aus, angestrebt wurde eine „Ampelkoali­tion“ mit Grünen und Neos. Die Sozialdemokraten verhängten im Parlament gar eine Blockade gegen jeden Gesetzesvorschlag, den die ÖVP-geführte Koalition vorzulegen gedachte.

Doch seither ist viel passiert. Die FPÖ hat sich an der Spitze der Umfragen festgesetzt und macht keinerlei Anschein, ohne den von der ÖVP als Partner ausgeschlossenen Herbert Kickl in eine Regierung gehen zu wollen. Das deutsche Ampel-Vorbild hat indes massiv an Popularität eingebüßt, weshalb man sich selbst an der SPÖ-Spitze zusehends zurückhält, mit diesem Koalitionswunsch zu hausieren. Die Blauen als Koalitionspartner schließt man in der SPÖ ohnehin kategorisch aus, auch wenn außerhalb Wiens nicht alle in der Partei von dieser Doktrin überzeugt sein sollen. Allzu viele Möglichkeiten blieben dann – Stand jetzt – nicht mehr, sofern SPÖ und ÖVP Wort halten: Nach derzeitigem Stand hätten weder ÖVP noch SPÖ mit Grünen und/oder Neos eine Mehrheit.

Mehrheiten mit SPÖ

Vor diesem Hintergrund setzte zuletzt im Parlament Tauwetter ein. Nur wenige Tage, nachdem die SPÖ der türkis-grünen Koalition die nötige Zweidrittelmehrheit beim Erneuerbare-Wärme-Gesetz beschafft hatte, kündigte sie auch in puncto Amtsgeheimnis-Abschaffung ihre für die Reform nötige Zustimmung an. ÖVP und Grüne bedankten sich hernach für die „sehr konstruktiven Gespräche“ mit den Roten, die wiederum eine „historische“ Einigung bejubelten.

Sind das schon die Vorboten einer Regierung von ÖVP und SPÖ, auch wenn diese nach aktuellem Umfragestand einen dritten Partner bräuchten? Schwarze und rote Landespolitiker sind jedenfalls seit Wochen damit beschäftigt, das zerrüttete Verhältnis ihrer Parteien zueinander zu verbessern, vom Wiener Bürgermeister bis zu Niederösterreichs Altlandeshauptmann Erwin Pröll, der derzeit ebenfalls in dieser Mission unterwegs sein soll. Von roten Landesparteichefs hört man, dass sie türkise Minister zur Kontaktpflege treffen, zudem sorgte dieser Tage ein Treffen des roten Kärntner Landeshauptmanns, Peter Kaiser, mit dem schwarzen Landeschef aus Tirol, Anton Mattle, für Aufsehen. Letzterer erklärte nämlich, das sei ein „Signal“ für die seiner Ansicht nach sehr wohl funktionierende Zusammenarbeit zwischen ÖVP und SPÖ. Kaiser und Mattle führen beide eine Große Koalition an. Das tut auch der steirische Landeschef, Christopher Drexler (ÖVP), der zuletzt offen für Große Koalitionen auf Bundesebene warb, er glaube schließlich an deren „Gestaltungskraft“.

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