Bildung

Lehrer werden geht bald schneller

Die Regierung sieht ein modernes Studium, das den Erfordernissen der Schulen im 21. Jahrhundert gerecht werde (Archivbild).
Die Regierung sieht ein modernes Studium, das den Erfordernissen der Schulen im 21. Jahrhundert gerecht werde (Archivbild).Julian Stratenschulte / picturedesk.com
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Türkis-Grün hat sich auf eine Reform des Lehramtsstudiums geeinigt. Die Ausbildungszeit wird verkürzt, die Doppelbelastung durch Unterrichten und Studieren soll reduziert werden.

Wien. Bis zuletzt gab es „Diskussionsbedarf“ unter den Koalitionspartnern. Nun aber passiert schlussendlich doch, was Bildungsminister Martin Polaschek schon für den vergangenen Herbst angekündigt hat: Das Lehramtsstudium wird reformiert. Polaschek spricht von einem „bildungspolitischen Meilenstein“. Man schaffe ein modernes Studium, das den Erfordernissen der Schulen im 21. Jahrhundert gerecht werde. Am Mittwoch wurde im Ministerrat ein entsprechender Gesetzesentwurf vorgestellt, der nun in Begutachtung geschickt wird, bevor er vom Nationalrat beschlossen werden kann. In den Studienplänen der pädagogischen Hochschulen und Universitäten werden die Änderungen sich dann wohl ab dem Studienjahr 2025/26 niederschlagen. Was aber bedeutet das für Studienanfänger? Und was ändert die Reform für jene, die schon aktuell Lehramt studieren?

In kürzerer Zeit zum Bachelor

Konkret wird das Bachelorstudium von acht auf sechs Semester verkürzt und seine Dauer damit mit den meisten anderen Bachelorstudiengängen gleichgesetzt. Das Masterstudium wird künftig für alle angehenden Lehrkräfte zwei Jahre dauern, egal ob sie später in der Volksschule, Mittelschule oder AHS bzw. BHS unterrichten werden. Bisher hat es für die Primarstufe nur ein Jahr Masterstudium gebraucht. Für eine Festanstellung an einer Schule benötigen alle Lehrpersonen weiterhin einen abgeschlossenen Master, auch Studierende können aber bereits unterrichten. Laut einer Studie der Universität Wien vom vergangenen Oktober steht ein Drittel der angehenden Lehrer schon vor ihrem Abschluss in der Klasse.

Die Grünen hatten die Verkürzung des Studiums im Herbst noch abgelehnt. Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger hatte sich damals dagegen ausgesprochen, weil sie die Dauer des Studiums nicht als Grund für den Lehrermangel sah. Das Problem sei vielmehr, dass junge Lehrkräfte ausbrennen und das System verlassen, sagte sie. Statt der von Polaschek anvisierten Reform schlug Blimlinger vor, das Masterstudium während einer halben Lehrverpflichtung zu absolvieren.

 „Schutzmaßnahmen“

In diesem Punkt hat die Koalition nun offenbar einen Kompromiss gefunden, der sich in einer Dienstrechtsnovelle niederschlagen wird: Für Junglehrer, die das Masterstudium noch nicht abgeschlossen haben, werden von der Regierung so bezeichnete „Schutzmaßnahmen“ eingeführt. Das soll dazu ­führen, dass sie durch die Doppelbelastung von Studium und Beruf nicht so schnell „ausbrennen“ oder sich erst wieder für einen anderen Beruf entscheiden. Junglehrer, die gleichzeitig noch studieren, dürfen künftig nur für eine halbe Lehrverpflichtung eingesetzt werden, keinen Klassenvorstand übernehmen und keinen fachfremden Unterricht erteilen. Außerdem sollen für sie verstärkt Mentoringprogramme zur Verfügung stehen, kündigt die Grünen-Klubobfrau, Sigrid ­Maurer, an. Die einjährige Induktionsphase, die Junglehrer an der Schule durchlaufen müssen, soll künftig für das Masterstudium an­rechenbar sein. Laut Polaschek wird das zu einer „weiteren Straffung“ des Studiums führen.

Verpflichtende Inhalte

Auch inhaltlich wird sich mit der Reform ­etwas ändern. Lehramtsstudierende werden in Zukunft nämlich verpflichtend Lehrveranstaltungen zu den Themen Inklusive Pädagogik und Deutsch als Zweitsprache besuchen müssen. Damit sollen sie besser auf die Arbeit mit Schülern mit nicht deutscher Umgangssprache und Kindern und Jugendlichen mit Behinderung vorbereitet werden. Als wählbaren Schwerpunkt werden die Hochschulen darüber hinaus Medienpädagogik anbieten müssen. Dort soll unter anderem der richtige Umgang mit Fake News vermittelt werden.

Außerdem sollen auch angehende AHS- und BHS-Lehrer künftig nicht nur Einzelfächer studieren können, sondern ebenso Fächerbündel wie Mint (Mathe, Informatik, ­Naturwissenschaften, Technik), wenn die Hochschulen das anbieten. Dafür sollen umgekehrt ähnliche Unterrichtsgegenstände wie Digitale Grundbildung und Informatik als ein Fach studierbar werden.

Der Übergang

Wenn sich das alles mit dem Studienjahr 2025/26 ändert, steht dann nicht zu befürchten, dass bis dahin kaum jemand mehr in das „alte“ Lehramtsstudium einsteigen wird? ­Polaschek sieht hier kein Problem. Die Reform sei schon länger im Gespräch, dennoch habe man zuletzt einen Zuwachs an Lehramtsstudierenden verzeichnet. „Ein Studienplanwechsel ist für die Hochschulen etwa ganz Normales, das dauernd passiert“, sagt auch Maurer, ehemals Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft. Studierende würden nach der Einführung des neuen Curriculums wechseln können und sich bereits bestandene Prüfungen anrechnen lassen können. Die Universitäten hätten mit so etwas viel Erfahrung.

Lob und Tadel

Neben einigen Rektoren sowie Industrie und Wirtschaftskammer begrüßen auch SPÖ und Neos die kürzere Studiendauer grundsätzlich. Beide Parteien haben aber auch Einwände: „Wenn gleichzeitig die einjährige Induktionsphase in der Schule auf den Master angerechnet wird, bleiben vom bisher sechsjährigen Lehramtsstudium nur mehr vier Jahre übrig“, sagt die pinke Bildungssprecherin, Martina Künsberg Sarre. Angesichts der vielen Herausforderungen, mit denen Lehrer im Klassenzimmer konfrontiert seien, sei das zu wenig. SPÖ-Bildungssprecherin Petra Tanzler fordert mehr Unterstützungspersonal an Schulen, etwa Schulpsychologen und Sozialarbeiter, um die Arbeitsbedingungen in den Klassenzimmern zu verbessern. Die FPÖ hält von all den Neuerungen nichts. „Eine derartige Vorgangsweise kann man nur als den nächsten Kniefall der ÖVP vor der linken Gesamtschulfantasie bezeichnen“, sagt FPÖ-Bildungssprecher Hermann Brückl.

Auf einen Blick

Reform. Künftig besteht eine Lehrerausbildung aus drei Jahren Bachelor- und zwei Jahren Masterstudium. Junglehrer dürfen vor Abschluss des Masterstudiums nur mehr eine halbe Lehrverpflichtung übernehmen.

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