Morgenglosse

Abschieben auf Biegen und Brechen

Migranten auf Lampedusa.
Migranten auf Lampedusa.Getty Images / Anadolu
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Ein Exempel für Europa und Österreich: Die Abschiebung von Migranten nach Ruanda ist abstrus. Die Tories setzen sich trotzdem über alle Einwände hinweg.

Für Rishi Sunak und seine Tory-Regierung in London tat all das nichts zur Sache. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hatte sich dezidiert gegen die unverzügliche Abschiebung von Asylwerbern nach Ruanda ausgesprochen. Im Brexit-Königreich mag das nicht mehr relevant sein, doch führte das Urteil 2022 umgehend zum Stopp eines ersten Abschiebeflugs.

Als kürzlich auch der Oberste Gerichtshof in London das Gesetz verwarf, nahm Sunak dies zwar zur Kenntnis – nur um am Ruanda-Deal festzuhalten und ein neues, überarbeitetes Gesetz mit der derselben Stoßrichtung einzubringen. Dass es seine Regierung im Flügelkampf zwischen den Hardlinern um Ex-Innenministerin Suella Braverman und den Moderaten zu zerreißen droht; dass Ruanda unter dem Autokraten Paul Kagame in mancherlei Hinsicht ein Vorzeigestaat in Ostafrika ist, aber nicht gerade ein sicherer Drittstaat: All das hielt den britischen Premier nicht ab, das kontroversielle Gesetz im Unterhaus mit Ach und Krach durchzupeitschen.

Ursprünglich ein Skeptiker des von Boris Johnson ausgetüftelten Ruanda-Plans, ist Sunak einzig vom Kalkül geleitet, das Blatt zu wenden, um eine fast verlorene Wahl heuer doch noch zu gewinnen. „Stop the boats“, lautet seine Devise, die der Migration über den Ärmelkanal einen Riegel vorschieben soll. Die Kalamitäten für den Premier und seine zerrissene Partei sind indes noch nicht zu Ende: Der Widerstand im Oberhaus ist gewiss.

Für Mette Frederiksen, die dänische Premierministerin, und Innenminister Gerhard Karner, dem Braverman die abstruse Idee bei einer Wien-Visite schmackhaft gemacht hat, sollte das britische Abschiebe-Modell auf Biegen und Brechen, das alle Bedenken und juristischen Einwände beiseitewischt, ein abschreckendes Exempel sein. Schon Israels Premier Benjamin Netanjahu ist 2018 mit einem ähnlichen Ruanda-Plan gescheitert. Er stellte sich als Mega-Flop heraus.

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

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