Parlament

U-Ausschuss: Ein Profi-Zeuge und viel Pferdemist

Wolfgang Peschorn bei seinem zwölften U-Ausschuss-Auftritt.
Wolfgang Peschorn bei seinem zwölften U-Ausschuss-Auftritt. APA/Roland Schlager
  • Drucken

Der U-Ausschuss zu rot-blauem Machtmissbrauch startet mit Debatten zu Überstunden-Abrechnungen und Herbert Kickls berittener Polizei sowie einer generellen Entschlagung.

Für ÖVP-Abgeordnete muss es ein neues Gefühl sein: Jahrelang gab es Untersuchungsausschüsse im Parlament, die de facto gegen die Volkspartei gerichtet waren. Jetzt hat die ÖVP den Spieß umgedreht und das Minderheitenrecht, einen U-Ausschuss zu installieren, für sich in Anspruch genommen. Diesmal konnte sie selbst den Untersuchungsgegenstand bestimmen und die Zeugen aussuchen.

Man merkt allerdings, dass die ÖVP eher darin geübt ist, Angriffe abzuwehren, als selbst eine Untersuchung aufzusetzen. Das Untersuchungsthema – es geht um „Machtmissbrauch von roten und blauen Ministern“, den grünen Koalitionspartner hat man freundlicherweise weggelassen – wirkt wenig präzise formuliert. Dass sich der Verfassungsgerichtshof vergangene Woche als nicht zuständig erklärt hat, dessen Verfassungskonformität zu prüfen, dürfte eine glückliche Fügung für die Initiatoren des U-Ausschusses gewesen sein. Und so manches, was man gern untersucht hätte, fällt überhaupt nicht in die Kompetenz einer parlamentarischen Untersuchung – der Finanzskandal der steirischen FPÖ beispielsweise. Da weigert sich das Justizministerium mit einiger Berechtigung, Akten anzuliefern.

Zeugenschwund zu Beginn

Auch die Befragungen selbst drohen schon zu Beginn zur Farce zu verkommen: FPÖ-nahe Zeugen sagen massenhaft aus „Termingründen“ ab. Lediglich sechs Befragungstage stehen den Abgeordneten zur Verfügung, einer davon, der Donnerstag diese Woche, musste schon abgesagt werden. Denn am Mittwoch wurde bekannt, dass auch der letzte für diesen Tag verbliebene Zeuge, der frühere Kabinettschef von Herbert Kickl, Reinhard Teufel, nicht erscheinen würde. Der nunmehrige Klubchef der Freiheitlichen in Niederösterreich war davor tagelang für die Parlamentsdirektion nicht erreichbar gewesen.

Viel kann jetzt schon rein vom Zeitlichen her nicht gefragt werden – vor allem, wenn die Taktik der terminlichen Verhinderung beibehalten wird. Daran werden auch angedrohte Beugestrafen wenig ändern. Der erste Befragungstag beginnt zumindest für die Journalisten mit einer erfreulichen Änderung: Der Paravent ist weg. Der Sichtschutz, der im parallel laufenden Cofag-U-Ausschuss die Abgeordneten vor den Journalisten verborgen hatte, wurde entfernt. Überraschung ist das keine: Sämtliche Parteien hatten sich dafür ausgesprochen. Und der vorgebliche Grund für den Paravent – man solle nicht auf die Bildschirme der Abgeordneten schauen können – erwies sich rasch als wenig stichhaltig: Man müsste schon über übernatürliches Sehvermögen verfügen, um da etwas erkennen zu können. Der erste Zeuge ist ein alter Bekannter, quasi schon ein Profi-Zeuge: Wolfgang Peschorn war auch schon vor einer Woche im Cofag-U-Ausschuss die erste Auskunftsperson.

Und es ist sein nunmehr schon zwölfter Auftritt in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Diesmal allerdings ist er nicht als Leiter der Finanzprokuratur geladen, sondern als ehemaliger Innenminister in der Übergangsregierung unter Kanzlerin Brigitte Bierlein.

Peschorn hatte damals als eine der ersten Amtshandlungen einen Bericht der internen Revision in Auftrag gegeben. Untersucht werden sollten die Ministerkabinette der vergangenen fünf Jahre, ihre Größe und die Kosten für Gehälter und Überstunden. Der ergab, dass der blaue Innenminister Herbert Kickl einen besonders großen Mitarbeiterstab um sich geschart hatte: 49 Personen arbeiteten im Kabinett und im Generalsekretariat, das ebenfalls Kickl zuzurechnen ist. Und nicht pauschalierte Überstunden sorgten für hohe Gehaltszahlungen von bis zu 15.000 Euro im Monat. Peschorn selbst ist laut seinen Aussagen mit 20 Personen im Kabinett ausgekommen, zehn davon im höheren Dienst.

Eröffnungsbilanz

Immer wieder fragten Abgeordnete nach dem Grund für den Prüfauftrag, der ja auch die Zeit Kickls umfasste. Er habe schlicht eine Eröffnungsbilanz erstellen wollen, meinte Peschorn. Es sei wie bei einem guten Geschäftsmann. Auch Hinweise von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern im Kabinett habe es keine gegeben. Auf die Frage von Verfahrensrichterin Christa Edwards, warum er als Innenminister Ausgaben für Inserate gestoppt hatte, meinte Peschorn: „Ich habe nicht erkennen können, wofür wir diese Ausgaben machen.“

Breiten Raum in der Befragung nahm die berittene Polizei ein – ein Steckenpferd von Innenminister Kickl. Peschorn hat das Projekt abgedreht – nach langem Abwägen der Pro- und Contra-Argumente. Dagegen hätten die Kosten gesprochen sowie auch die Frage, wie mit der Beseitigung des Pferdemists umgegangen werden solle. Auch die Größe der angeschafften Pferde sei ein Gegenargument gewesen. Das Stockmaß der Pferde sei nämlich zu hoch gewesen, die in Ausbildung befindlichen Reiterinnen und Reiter hätten hingegen über einen kleineren Körperwuchs verfügt. Dafür gesprochen habe das Sicherheitsbedürfnis: Pferde würden eine Verhaltensänderung bei gewaltbereiten Personen auslösen.

Die zweite Auskunftsperson des Tages, der einstige Generalsekretär von Kickl, Peter Goldgruber, kündigte zu Beginn seiner Befragung an, sich generell zu entschlagen. Als Grund gab er Bedenken wegen der Verfassungsmäßigkeit des Untersuchungsgegenstandes an.

Großer Abwesender in den U-Ausschüssen ist diesmal Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der bisher angesichts von Befangenheitsvorwürfen immer argumentiert hatte, er sei gesetzlich verpflichtet, Untersuchungsausschüsse selbst zu leiten. Sobotka ließ sich auch am Mittwoch vertreten, diesmal vom ÖVP-Abgeordneten Wolfgang Gerstl.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.