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Gaza-Krieg überschattet Wien-Besuch: Blinken fordert von Israel humanitären Plan für Rafah ein

US-Außenminister Antony Blinken bei Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg.
US-Außenminister Antony Blinken bei Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg.APA/ Helmut Fohringer
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US-Außenminister Antony Blinken zelebrierte in Wien die „Freundschaft“ zu Österreich und zeigte sich mit Gastgeber Schallenberg einig in puncto Gaza, Ukraine und Westbalkan. Zugleich warnte er vor einer weltweiten Opioid-Epidemie.

Die Gaza-Krise verfolgte US-Außenminister Antony Blinken bis in den Kongresssaal des Bundeskanzleramts in Wien. In der Pressekonferenz mit seinem Gastgeber Alexander Schallenberg überhäufte ihn ein mitgereister amerikanischer Journalist mit Fragen zum Krieg im Nahen Osten. Denn nur wenige Stunden zuvor hatte Israels Premier Benjamin Netanjahu grünes Licht für eine Bodenoffensive in Rafah gegeben.

Blinken pochte energisch darauf, dass Israel die 1,4 Millionen palästinensischen Zivilisten, die im äußersten Süden des Gazastreifens zusammengedrängt sind, aus der Gefahrenzone bringen müsse. „Ich habe dafür noch keinen Plan gesehen“, erklärte der US-Außenminister. Noch stemmen sich die USA offenbar gegen eine Ausweitung der israelischen Militäroperation. Seine Regierung arbeite Tag und Nacht mit Israel, Katar und Ägypten, um einen Waffenstillstand zu vereinbaren und die Freilassung von Geiseln zu erreichen, sagte Blinken. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen, müsse aber mehr tun, um Zivilisten im Gazastreifen zu schützen.

Auf einer Linie mit Schallenberg

In die gleiche Kerbe schlug Schallenberg, der vor einer „humanitären Katastrophe“ in Rafah warnte und sich zugleich solidarisch im Kampf gegen den Terror der Hamas zeigte. Israel müsse sich dabei jedoch wie jeder andere Staat an das humanitäre Völkerrecht halten.

Schallenberg und Blinken, die einander als Alexander und Tony ansprachen, zelebrierten in Wien die Freundschaft und Partnerschaft ihrer Länder. Der Gastgeber betonte, wie groß die Übereinstimmung in dem mehr als einstündigen Gespräch gewesen sei, das er und Bundeskanzler Karl Nehammer mit Blinken geführt hatten. Auf dem Westbalkan setzen die USA auf die besonderen „Einblicke“, die Österreich habe, wie Blinken ausführte. Es dürfe in der Region keinen Zurück-in-die-Zukunft-Moment in die kriegerischen 1990er-Jahre geben. Deshalb befürworte Washington auch die zuletzt eröffneten EU-Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina.

Auf einer Linie bewegten sich Blinken und Schallenberg auch, als sie über den Ukraine-Krieg sprachen. Der US-Außenminister würdigte die politische und humanitäre Unterstützung der Bundesregierung für die Ukraine. Österreich sei militärisch neutral, nicht aber politisch, sagten er und Schallenberg fast wortgleich. Hinter verschlossenen Türen war offenbar auch das Engagement der Raiffeisenbank in Russland zur Sprache gekommen. Schallenberg und Blinken hoben hervor, dass sich Österreich an alle Sanktionen gegen Russland halte.

Warnung vor Opioid-Epidemie

Anlass des Wien-Besuchs von Blinken war eine Konferenz des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, an der noch nie zuvor ein US-Außenminister teilgenommen hatte. Für diese Premiere hatte Antony Blinken einen triftigen Grund. „Alle fünf Minuten stirbt in den USA ein Mensch an einer Überdosis synthetischer Drogen“, wie er am Freitag in seiner Rede in der Wiener UNO-City erklärte.

Seit Jahren wütet in den USA eine Opioid-Epidemie. In der Altersgruppe zwischen 18 und 45 Jahren ist der Konsum von Fentanyl in den Vereinigten Staaten zuletzt die häufigste Todesursache gewesen. Zehntausende Menschen sind an dem abhängig machenden Schmerzmittel zugrunde gegangen, das längst von Drogenkartellen illegal vertrieben wird.

In Wien warnte Blinken davor, dass die USA nur das erste Opfer seien und sich die Opioid-Krise auch auf andere Länder ausweiten werde. Er rief deshalb vehement dazu auf, den internationalen Kampf gegen synthetische Drogen zu verstärken. 151 Staaten und 14 internationale Organisation haben sich dem Bündnis bisher angeschlossen.

Warnung an den Iran

In der UNO-City traf Blinken auch mit dem Chef der Internationalen Atomenergie-Behörde, Rafael Grossi, zusammen. Vor allem um sich über den Stand des iranischen Atomprogramms zu informieren. Auf die Frage eines Journalisten der „New York Times“ nach einem Geheimtreffen seiner Regierung mit dem Teheraner Regime ging er nicht ein. Er forderte die Islamische Republik jedoch öffentlich auf, Russland keine Raketen zu schicken.

Blinken bleibt über Nacht

Nach der Unterredung mit Nehammer und Schallenberg hatte Blinken noch einen Termin in der Hofburg bei Bundepräsident Alexander Van der Bellen. Der US-Außenminister wollte über Nacht in Wien bleiben, wo er in einem Ringstraßen-Hotel untergebracht war. Seinem Reiseplan zufolge sollte er am Samstag nach Seoul weiterfliegen, um dort am Montag an einem Demokratie-Gipfel teilzunehmen.

»Alle fünf Minuten stirbt
in den USA ein Mensch
an einer Überdosis
synthetischer Drogen.«

US-Außenminister Antony Blinken

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