TV-Notiz

„Zur Sache“ über René Benko: „Es braucht ein Minimum an Anstand“

Madlen Stottmeyer, Leonhard dobusch, Cornelia Wesenauer, Wolfang Geier und Irmgard Griss im Studio.
Madlen Stottmeyer, Leonhard dobusch, Cornelia Wesenauer, Wolfang Geier und Irmgard Griss im Studio. ORF III / Screenshot
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In „Zur Sache“ auf ORF III wurde angenehm unaufgeregt über den Aufreger René Benko diskutiert. Sachlich, differenziert. Und nicht so gehässig, wie es womöglich an so manchem Stammtisch passiert.

ORF III widmete am Freitag (mit einer ARD-Doku und anschließender Diskussion) seinen Hauptabend René Benko, jenem Mann, der die größte Pleite der österreichischen Nachkriegsgeschichte zu verantworten und der mittlerweile Privatkonkurs angemeldet hat. Ob Benko jetzt also ein armer Mann sei, fragte Wolfgang Geier, der als Moderator die Diskussionsrunde „Zur Sache“ mit Bedacht leitete. „Sozialhilfe muss er nicht beantragen“, meinte dazu Irmgard Griss. Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Bundespräsidentschafts-Kandidatin und Neos-Politikerin räumte aber ein, es mache wohl einen Unterschied: Zu den „Superreichen“ werde Benko jetzt wohl nicht mehr gehören.

„Kann er Geld irgendwo versteckt haben?“, stellte Geier eine weitere Frage, die derzeit vermutlich an jedem Stammtisch diskutiert wird. Cornelia Wesenauer vom Gläubigerschutzverband AKV hält das „grundsätzlich“ für denkbar: „Was gut versteckt ist, kann man auch nicht finden“, meinte sie. Aber genau das sei Aufgabe des Insolvenzverfahrens. Man wird also sehen.

„Als Superstar gescheitert“

Mit in der Runde saßen der Innsbrucker WU-Professor Leonhard Dobusch vom gewerkschaftsnahen Momentum Institut und Madlen Stottmeyer, die sich dem Thema René Benko und Signa als Wirtschaftsredakteurin der „Presse“ widmet. Sie brachte dann auch als erste den persönlichen Aspekt mit ein: René Benko sei ein „Phänomen“ gewesen. Ein junger Schulabbrecher, der „sehr viel aufgebaut“ habe. Der früh den Mut gehabt habe, sich einen Millionenkredit zu nehmen und Unternehmer zu sein. Und der immer einnehmender geworden sei, je mehr er sich mit Glamour, Luxus und Politikern umgab.

„René Benko wollte ein Superstar sein. Er ist gescheitert“, sagte Stottmeyer, die bei aller kritischen Distanz auch Empathie für den gestürzten „Immobilienkaiser“ (© Geier) zeigte. Mit dem Zusammenbruch der Signa sei auch Benkos Identität zerstört: „Seine DNA war die Signa und die Signa wird es jetzt nicht mehr geben.“ Es war eine unaufgeregte, sachliche, differenzierte Diskussion über den Aufreger Benko. Nicht so gehässig wie die öffentliche Debatte oft verläuft. Auf untergriffige Kommentare wurde gänzlich verzichtet, dafür war mehr Zeit für einen informativen Austausch.

Signas „Intransparenz-Strategie“

Man fiel einander auch nicht ins Wort, als es um den Verdacht der Geldwäsche, Signas „Intransparenz-Strategie“ (die laut Dobusch auch hätte gut gehen können) und den „Fünf-Punkte-Plan gegen Bilanz-Verschleierung“ von Justizministerin Alma Zadić (Grüne) ging. Wesenauer zeigte sich skeptisch gegen solche „Anlassgesetzgebung“. Auch Griss meinte: „Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, dass man nach einer eigenen Regelung ruft. Wir hätten genug Instrumente.“ Auch Strafen.

Die Geheimniskrämereien seien ja auch nicht nur im Interesse von René Benko gewesen, sondern offenbar auch im Interesse der Investoren. Es gebe also „Interessen auf beiden Seiten“. Solche Machenschaften zu verhindern sei daher „wahnsinnig schwer“. Gesetzen könne man immer ausweichen, meinte Griss: „Man braucht im Geschäftsleben auch ein Minimum an Anstand.“

„Toxische Männlichkeit“

Das gilt auch für die Politik, deren Protagonisten im Spiel des Blenders René Benko eifrig mitgemischt haben. „Besonders Expolitiker sind ihm zugegangen“, meinte Griss. Benkos Glanz habe sie angezogen. Als ehemaliger Bundeskanzler wolle man eben nicht mehr zurück auf den früheren Posten in der Arbeiterkammer, spielte Griss auf Alfred Gusenbauer (SPÖ) an, der Aufsichtsratsvorsitzender, Beirat und Berater in unterschiedlichen Signa-Gesellschaften war. „Diese Leute wollen dabei bleiben“, so Griss. „Und das Kapital, das sie aus ihrer politischen Tätigkeit mitbringen, ist ihr Telefonbuch.“

Auch die Investoren hätten sich in Benko „wiedererkannt“, spann Dobusch den Gedanken weiter. Warum sind so wenige Frauen in Aufsichtsräten? Weil Männer aussuchen – und die würden sich eben in jungen Männern eher wiedererkennen. „Es ist ein geschlossenes System“, sagte Dobusch, der meinte, dass hier auch „toxische Männlichkeit mit eine Rolle gespielt hat“. Auch die Größe des Landes mache etwas aus, erinnerte Stottmeyer: In Österreich konzentriere sich die Macht auf eine relativ kleine Gruppe. „Das verhindert Transparenz und Aufklärung und fördert Korruption.“ Man kennt einander. Und vertraut einander. „Und irgendwann haben die Leute aufgehört, wirklich hinzuschauen, was da genau passiert.“

„Strafrechtliche Aufarbeitung“

Und wie geht es jetzt mit René Benko weiter? Er werde sich der „strafrechtlichen Aufarbeitung“ der Causa stellen müssen, meinte Wesenauer. Stottmeyer rechnet mit einer „Juristenschlacht“ und einem Insolvenzverfahren, das „zehn Jahre mindestens“ dauern dürfte. Aber alle hielten ein Comeback des René Benko für zumindest denkbar. Wäre spannend gewesen, was er selbst oder jemand von der Signa oder einer der angesprochenen Politiker dazu gesagt hätte. Aber, so Geier: Hätte er im Studio für jede Absage aus diesem Bereich einen Stuhl aufgestellt, „dann würden sie mich hinter einem Wald aus Sesseln sehen“. Und es wäre vielleicht wieder nur eine dieser mühsamen Wadelbeißer-Diskussionen geworden, bei denen alle durcheinanderreden. Also sei‘s drum.

Bei Wolfgang Geier diskutierten:

Irmgard Griss: ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Bundespräsidentschafts-Kandidatin, war für die Neos im Nationalrat.

Leonard Dobusch: Lehrt an der Wirtschaftsuniversität Innsbruck und ist Mitbegründer des gewerkschaftsnahen Momentum Institut

Cornelia Wesenauer: Leiterin der Insolvenzabteilung im Gläubigerschutzverband AKV

Madlen Stottmeyer: Wirtschaftsredakteurin der „Presse“

>> Die Sendung zum Nachschauen

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