US-Gesetz

TikTok: „Pekings Lieblingswerkzeug der Nötigung und Spionage“ muss verschwinden

APA/AFP/Luis Acosta
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Es sind harsche Worte, die der republikanische Senator Mitch McConnell in seiner Rede zum TikTok-Verbot findet. Doch die Unterstützung im Senat schwindet. Die TikTok-Mutter Bytedance wiegt sich in Sicherheit.

TikTok spielt auf Zeit, und diese Taktik scheint aufzugehen. Das drohende Verbot, das wie ein Damoklesschwert über dem beliebten Social-Media-Dienst schwebt, könnte sich langsam in Luft auflösen. Grund dafür ist offenbar die fehlende Unterstützung im Senat. Denn der Kongress hat dem Verbot bzw. dem Zwangsverkauf binnen 180 Tagen längst zugestimmt. 

Zur Vorgeschichte: Im März 2023 überschlugen sich die Ereignisse. Die USA forcierten ein Verbot von TikTok. Der einzigen Social-Media-Plattform, die nicht in amerikanischer Hand ist. Der Vorwurf: Die in China gegründete App wird von der Volksrepublik genutzt, um die Milliarden an Nutzern auszuspionieren und sie zu manipulieren. Ein entsprechendes Gesetz, um das Verbot vorzubereiten, wurde auf den Weg gebracht. Dann wurde es ruhig und beinahe schien es, als würde das Vorhaben versanden, ehe es plötzlich im März im US-Kongress zur Abstimmung kam. Und hier stehen Republikaner und Demokraten erstmals seit langer Zeit wieder auf einer Seite. Der Konsens: TikTok ist gefährlich und muss verboten werden, oder in amerikanische Hand. Übrigens eine Forderung, die auch schon Donald Trump im Programm hatte, wovon er jetzt aber nichts mehr wissen will. Für ihn ist Facebook nun weitaus gefährlicher. Dennoch: Das Gesetz rückt in weite Ferne, trotz Bemühungen von Abgeordneten beider Lager. 

Chuck Schumer von den Demokraten wendet sich in einem Brief an die Abgeordneten und formuliert darin die anstehenden Aufgaben des Senats. Doch erst auf der zweiten Seite wird TikTok zum Thema, und das noch dazu recht vage: „In den kommenden Wochen und Monaten haben wir die Möglichkeit, … an einem Weg für die TikTok-Gesetzgebung zu arbeiten.“ Doch seiner Ansicht nach stehen zehn weitere Themen auf der Agenda des Senats. Darunter ein Regelwerk, um Kinder im Netz besser zu schützen, und auch Steuer-Kredite für Kinder seien ein dringliches Thema. 

Unterstützung bekommt Schumer vom republikanischen Kollegen Mitch McConnell, der seine Kollegen dazu aufruft, gegen TikTok vorzugehen: „Dies ist eine Angelegenheit, die die dringende Aufmerksamkeit des Kongresses verdient, und ich werde vernünftige, überparteiliche Schritte unterstützen, um eines von Pekings Lieblingswerkzeugen der Nötigung und Spionage vom Tisch zu nehmen“, sagte der aus Kentucky stammende Republikaner im Senat. 

Aber im Gegensatz zur breiten Unterstützung im Repräsentantenhaus gibt es im Senat deutlich mehr kritische Stimmen. Zur Erinnerung: Im US-Kongress wurde das Gesetz mit 352 zu 65 Stimmen verabschiedet. 

Und wie geht es der TikTok-Mutter Bytedance? Die hat die gesamte Verantwortung in dieser Causa an die US-Tochter übergeben. Wohl auch, um nicht aus China heraus über den Verbleib der App in den USA zu kämpfen und damit unnötig Aufmerksamkeit auf das eigentliche Thema zu lenken. Zudem hat sich die amerikanische Niederlassung offenbar ausreichend bewiesen, um mit dem politischen Druck umgehen zu können. In den letzten Wochen gab es letztlich eine Reaktion von Bytedance, und das war ein kurzes Dementi eines Berichts des „Wall Street Journal“, wonach der Mitbegründer des Unternehmens, Zhang Yiming, einen Verkauf von TikTok an potenzielle Käufer diskutiert hatte. Davon gäbe es immerhin einige, wie „Die Presse“ bereits berichtete. 

Doch die Zurückhaltung von Bytedance wird auch noch anders interpretiert: Demnach schätze der Mutterkonzern die Gefahren für ein tatsächliches Verbot als sehr gering ein. 

Das Ende von Kleeblättern und Texas 

Als die USA erstmals TikTok politisch ins Visier nahmen, wurden Initiativen gestartet, um Politiker und Nutzer gleichermaßen zu bedienen. In den USA wurde das Projekt Texas ausgearbeitet, in Europa ein inhaltlich sehr ähnliches Vorhaben, jedoch mit dem Namen Projekt Clover (Kleeblatt). Tenor: Kinderschutz, Datensicherheit und -schutz sowie auch Maßnahmen, um die Bildschirmzeit zu reduzieren. Denn der Algorithmus ist dafür geschaffen, so lang wie möglich auf der Plattform zu verweilen und ein Video nach dem anderen zu schauen. Und auch bei den Servern setzte man bei TikTok auf eine völlige Charme-Offensive und setzte auf hiesige Partner. 

Doch nun wartet der Dienst mit einer Neuerung auf: Das chinesische Unternehmen hat eine neue App angekündigt, die in Spanien, Frankreich und anderen europäischen Ländern an den Start gehen soll. Hier werden Nutzer ermutigt, Videos anzuschauen, Freunde einzuladen und noch andere Dinge. Im Gegenzug dazu erhalten die Nutzer Punkte, die sie in Geschenkkarten umwandeln können. Die App heißt Coin App und wird erst für Nutzer ab 18 Jahren angeboten. 

Die neue App wird zusätzlich als Zeichen dafür gewertet, dass TikTok die Chancen auf ein Verbot als relativ gering einschätzt. 

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