Bank-Pleiten

EU bestimmt über Österreichs Bankenreserve

Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer (WKÖ) und Erste-Group-Chef Willi Cernko warnt vor den Plänen der EU.
Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer (WKÖ) und Erste-Group-Chef Willi Cernko warnt vor den Plänen der EU.APA / Georg Hochmuth
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Geraten Banken in Schieflage, will die EU in Zukunft ganz anders vorgehen als bisher. Das betrifft vor allem kleinere Banken. Die Warnungen der österreichischen und deutschen Banken vor diesen Plänen wurden in den Wind geschlagen. Die Weichen sind nun gestellt.

Wien. Die letzte Sitzung des Wirtschafts- und Währungsausschusses des EU-Parlaments hielt am Donnerstag ein ganz besonders umstrittenes Thema bereit: die europäische Einlagensicherung, auch European Deposit Insurance Scheme (EDIS) genannt. Geht eine Bank pleite, springt die Einlagensicherung ein, um den Sparerinnen und Sparern ihr Geld auszuzahlen. In Österreich sind bis zu 100.000 Euro im Falles eines Bank-Bankrotts sicher – in Sonderfällen sogar bis zu 500.000 Euro.

Der Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die Bankenabwicklung gegenüber einer Insolvenz gestärkt werden soll. Vor allem für kleine und mittlere Banken würde das dazu führen, dass bei Turbulenzen bei einem Finanzinstitut vorrangig das Abwicklungsrecht zum Zug kommt. So soll die Hälfte der nationalen Einlagen in einen europäischen Topf überwiesen werden. Somit greift nicht in erster Linie Österreich auf diese Mittel zu, sondern eine europäische Abwicklungsbehörde.

Bisher stellten sich Vertreter aus Deutschland und Österreich vehement gegen diese Pläne. In anderen Ländern wird das Finanzsystem meist durch wenige große Bank-Platzhirsche dominiert. Im deutschsprachigen Raum sind die Strukturen bspw. durch Sparkassen kleinteiliger.

Kompromiss in Sicht

Ausgerechnet ÖVP-Urgestein und EU-Abgeordneter Othmar Karas ist in dem Ausschuss Berichterstatter. Der Gesetzesentwurf wurde zwar in einigen Teilen gegenüber früheren Ambitionen in EU-Kommission und EU-Parlament entschärft. Aber gerade deshalb gelang Karas wohl bei dem Thema, das für Österreichs Regionalbanken ein rotes Tuch ist, ein Kompromiss. Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung stimmte dafür.

»Dadurch könnten Einlagensicherungsfonds von Abwicklungsbehörden binnen kürzester Zeit geleert werden, ohne dass eine Auszahlung an Sparerinnen und Sparer erfolgt«

Johannes Rehulka

Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV)

Die Zeit bis zur Europawahl reicht zwar nicht, um das Gesetzesverfahren anschließend weiter voranzutreiben. Aber auf der Basis der nun gemeinsam festgelegten Position des Ausschusses könnte das EU-Parlament die Gesetzgebungsarbeit im Herbst in fortgeschrittenem Stadium wieder aufnehmen. Das Vorgehen wurde schon im Vorfeld von deutschen Bankenverbänden als „Eilverfahren“ bezeichnet, dass die nationalen Einlagensicherungssysteme vergemeinschafte und die nationalen Sicherungssysteme zwangsweise einbezieht.

Bankenverband kritisiert scharf

Auch aus Österreich hagelt es Schellte. „Wir warnen ausdrücklich vor solchen weitreichenden Experimenten wenige Wochen vor der EU-Wahl“, sagt Generalsekretär des Österreichischen Raiffeisenverbandes (ÖRV) Johannes Rehulka schon vor der Abstimmung am Donnerstagvormittag. Der Raiffeisen-Sektor war aus dem nationalen Sicherungssystem ausgestiegen und betreibt sein eigenes Einlagensicherungssystem, das den österreichischen Bestimmungen unterstellt ist. Ziel war es, nicht mehr für andere Banken haften zu müssen. „Die Finanzmarktstabilität ist ein hohes Gut. Das Vertrauen der Sparerinnen und Sparer in funktionierende Einlagensicherungssysteme sollte nicht ohne Not aufs Spiel gesetzt werden“, so Rehulka weiter.

Daneben sieht WKÖ-Bankspartenobmann und Erste Group-Chef Willibald Cernko eine Zweckentfremdung der Mittel des Einlagenfonds. So ist geplant, dass Einlagensicherungsmittel anstelle der Gläubigerbeteiligung verwendet werden können. „Bisher müssen im Abwicklungsfall acht Prozent der Bilanzsumme durch die Haftung der Aktionäre und Gläubiger der Bank aufgebracht werden, bevor auf Mittel des Abwicklungsfonds zugegriffen werden darf“, schreibt die WKÖ. „Dadurch könnten Einlagensicherungsfonds von Abwicklungsbehörden binnen kürzester Zeit geleert werden, ohne dass eine Auszahlung an Sparerinnen und Sparer erfolgt“, warnt auch der ÖRV.

„Es geht hier um einen möglicherweise gravierenden Systemwechsel“, sagte der Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Gottfried Haber. Die Nationalbank teilt die Skepsis der Banken. Die Nationalbanker befürchten „deutlich höhere Dotierungen“ für den Einlagensicherungsfonds, wenn nun diese nun für europäische Abwicklungsfälle zur Verfügung stehen müssen.

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