TV-Notiz

Schilling, medial höher gehängt: Charakterfragen „Im Zentrum“

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Am Sonntag war die Causa Schilling Thema auf Servus TV und im ORF. Der Chefredakteur des „Standard“ stellte sich Kritik; der Wunschcharakter von Politikern ließ sich nicht ganz vermessen. 

Die Causa Schilling war am Sonntagabend wieder das Thema in den Diskussionssendungen, in unterschiedlichem Abstraktionsgrad freilich. Explizit bei Servus TV: Unter dem Titel „Neue Vorwürfe gegen Schilling: Grüne im Kreuzfeuer?“ hatte der Salzburger Sender erst noch angekündigt, dass Lena Schilling selbst zu Gast sein würde. Sie sagte dann aber am Freitag (ob der Berichterstattung?) noch ab. Etwas höher hängte der ORF die Sache: „Politik – Eine Charakterfrage?“ lautete der Titel von „Im Zentrum“.

Der Versuch einer Vermessung des Anstands im Spannungsfeld zwischen Politik und Medien gelang dann nur zum Teil, auch wenn sich manche in der Runde durchaus daran versuchten. Zu Gast waren Gerold Riedmann, relativ neuer Chefredakteur des „Standard“, die liberale Ex-Politikerin Heide Schmidt, Medienethikerin Larissa Krainer, Kampagnenberater Yussi Pick und die ehemalige Grünen-Chefin Eva Glawischnig, die man zum Thema schon allerorts hörte. Kein Wunder, wenn von der aktuellen grünen Spitze alle absagen.

Glawischnig schwärmte also wieder ein bisschen von der „politischen Person“ Schilling, die sie vor einer Weile kennenlernte. Verrannte sich in der These, dass man jüngeren Menschen eine größere Freiheit geben müsse, „sich auch mal fehlverhalten zu dürfen“. Und erklärte, warum sie die Berichterstattung des „Standard“, der die Vorwürfe aufbrachte, grenzüberschreitend fand. Sie ist nicht die Einzige, die ein „Herumwühlen im Privaten“ kritisiert, bei „Im Zentrum“ musste sich Riedmann gegen eine ganze Reihe (verlesener) Vorwürfe rechtfertigen. So hatte etwa das „Profil“ geschrieben, die Grenzen zwischen Aufklärung und Inquisition seien hier fließend.

Angenehm ist es für den „Standard“ nicht, dass gerade der „Falter“ in der Causa Schilling andere Lesarten zeigt, mehr kontextualisiert. Und dann gibt es da noch ein Verfahren des Presserats, in dem es – unter anderem – um die anonymisierten Zitierungen geht. Wie sinnvoll es sei, 50 Menschen zu zitieren, die nicht genannt werden wollen, fragte auch Medienethikerin Larissa Krainer, die ebenso neutral wie klug einordnete. Sie hätte gern gewusst, „was eigentlich los war“.

Der Charakter von Politikern

Wenig Zweifel gab es trotz aller medienethischen Diskussionspunkte in der Runde daran, dass es charakterliche Mängel bei Schilling gibt. Und daran, dass der Charakter einer Politikerin von öffentlichem Interesse sei. Internationale Beispiele brachte Yussi Pick, Kampagnen- und Kommunikationsberater, ein. Und schloss komplexe Überlegungen zur Frage, welchen Charakter Politiker nicht haben dürfen, mit einem einfachen Statement ab: Der öffentliche Mensch und der echte Mensch sollten am besten nicht allzu weit voneinander entfernt sein.

Und dann war da noch, gedanklich sehr klar, Heide Schmidt. Die sich nicht auf Verschwesterungsversuche von Glawischnig einließ, sondern opponierte. Dass jemand in der Causa über „Schlüssellochrecherchen“ sprechen würde, sei schlecht für die Debatte. Sie lobte den „Standard“ dafür, dass er berichtete. Die Grenze zwischen öffentlichem Interesse und Privatheit, die könne man nicht mit einem Lineal ziehen, sondern müsse man diskutieren. Kritik dürfe man nicht gleich als „Anpatzerei“ abtun. Und man dürfe auch nicht gleich so tun, als ob hier eine Jagd auf jemanden stattfinde. Wobei sie, geboren 1948, selbst relativierte: „Jetzt gebe ich allerdings zu, dass ich keine Userin der Internetmedien bin, und ich weiß nicht, was dort abgeht.“

Nun ja, da passiert doch einiges. Nicht nur deshalb überschattet die Causa alle anderen Themen im EU-Wahlkampf. Ein wenig überrascht mochte man also sein, als der Chefredakteur des „Standard“ am Ende beklagt hat, dass die Sachpolitik auf der Strecke bleibe. Obwohl man ihm glaubte, dass er lieber über das Renaturierungsgesetz diskutieren würde.

>> Die Sendung zum Nachschauen

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