Armut

Kommt nach der Wahl die Kindergrundsicherung?

Andreas Babler
Andreas BablerImago / Frank Ossenbrink
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Die ÖVP ist dagegen, SPÖ und Grüne dafür. Um die Position der schwarzen Länder gab es zuletzt Verwirrung.

Im Nachbarland war es ein Großprojekt: Als Deutschland begann, an der Kindergrundsicherung zu arbeiten, waren daran ganze acht Ministerien beteiligt. Mit Verweis auf diesen Aufwand und vor allem auf den Widerstand der ÖVP, hatte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) sich zwar stets dafür ausgesprochen, ein ähnliches Modell auch in Österreich zu etablieren, das aber zum Projekt für zukünftige Regierungen erklärt.

Grundsätzlich ist die Idee folgende: Die Familienleistungen werden gebündelt, jedes Kind erhält einen monatlichen Fixbetrag. Abhängig vom Haushaltseinkommen kommt dazu gestaffelt noch der Differenzbetrag, bis ein bestimmter Wert erreicht ist.

SPÖ-Chef Andreas Babler rechnete am Montag auf Basis eines Modelles der Volkshilfe etwa mit einem Universalbetrag von 367 Euro im Monat pro Kind plus bis zu 312 Euro, je nachdem, wie viel die Eltern verdienen. Außerdem soll es eine Grundinfrastruktur wie Gratis-Mittagessen in Bildungseinrichtungen und kostenlose Ferienangebote geben. Kosten würde das laut SPÖ-Rechnung 1,2 Milliarden Euro zusätzlich. Das sei viel weniger als jene 17 Milliarden Euro, die die volkswirtschaftlichen Folgen von Kinderarmut laut einer OECD-Studie dem Staat Österreich pro Jahr kosten. Laut Volkshilfe-Chef Erich Fenninger würde die Grundsicherung etwa zu einem Rückgang von chronischen Erkrankungen bei Kindern führen, das wiederum zu weniger Fehltagen in der Schule und zu besseren Chancen auf Bildungserfolg.

Er sei gewillt, die Auseinandersetzung um die Kindergrundsicherung „mit aller Härte zu führen“, sagte Babler. Gefragt, ob sie für ihn Koalitionsbedingung sei, antwortete er, es sei für ihn generell Koalitionsbedingung, das Leben für alle Menschen leistbarer zu machen.

Die Bundes-ÖVP lehnt die Einführung einer Kindergrundsicherung ab. Die türkise Familienministerin Susanne Raab hatte dazu kürzlich im „Presse“-Interview erklärt: „Wir haben ja schon eine Grundsicherung für die Menschen in Österreich und so auch für die Familien. Die nennt sich Sozialhilfe. Natürlich ist die Sozialhilfe auch höher, wenn man Kinder hat. Das ist ein Ausdruck der sozialen Verantwortung, der wir gerecht werden müssen.“

Was haben die Länder beschlossen?

Für einige Verwirrung sorgten dann aber fast zeitgleich Berichte über die Rückendeckung der Länder für den Sozialminister bei Kindergrundsicherung. Auf der Konferenz der Landessozialreferenten habe es vergangene Woche einen einstimmigen Beschluss zu Vorbereitungsarbeiten für eine Kindergrundsicherung gegeben, hieß es. Das stellte Vorarlbergs ÖVP-Landesrätin Martina Rüscher daraufhin allerdings in Abrede. „Es handelt sich nicht um eine Forderung, eine eigenständige Kindergrundsicherung in Österreich einzuführen. Das ist eine falsche Auslegung des Beschlusses der Bundesländer durch die SPÖ“, teilte sie mit. Die Zustimmung der ÖVP-regierten Länder beziehe sich auf eine Arbeitsgruppe zur EU-Kindergarantie und den entsprechenden Nationalen Aktionsplan Österreichs. Eine Kindergrundsicherung ist darin nicht explizit vorgesehen.

Die Wahrheit dürfte in der Mitte liegen. Laut „Presse“-Informationen hatten die roten Länder ursprünglich eine Beschlussempfehlung eingebracht, in der vom Minister die Erarbeitung eines Modells für eine Kindergrundsicherung unter Einbindung der Länder gefordert wird. Nach der Debatte mit den Vertretern von ÖVP und FPÖ erzielte man dann aber nur einen abgeschwächten Beschluss: Zum einen bekräftigen die Länder den Beschluss zur Einrichtung der Arbeitsgruppe zur Kindergarantie, zum anderen ersuchen sie den Minister, um Einrichtung einer Arbeitsgruppe, „die ein entsprechendes Konzept insbesondere unter Berücksichtigung der Kindergrundsicherung ausarbeitet.“

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