Explodierende Pensionskosten sehen anders aus

Um die Finanzierbarkeit des Sozialsystems steht es gar nicht schlecht.

Unser Pensionssystem wird auch in den nächsten Jahrzehnten finanzierbar sein. Eine derartige Aussage eines Sozialministers wird niemanden überraschen. Gar nicht so wenige Kommentatoren meinen hingegen, dass die Kosten für unsere Pensionen aufgrund der Alterung der Bevölkerung explodieren werden, trotzdem würde eine längst überfällige große Reform nicht angegangen. Wir werden unser Pensionssystem weiterhin finanzieren können, gerade weil wir in den letzten Jahren tief greifende Reformen gesetzt haben wie Verschärfungen bei der Langzeitversichertenregelung und der Korridorpension sowie eine umfassende Reform der Invaliditätspension.

Entscheidend für den Bestand unserer Altersversorgung ist die Beschäftigungsquote – je mehr Menschen einer sozialversicherten Arbeit nachgehen, umso mehr Beiträge fließen in unser Pensionssystem, umso sicherer ist es. Daher zielen unsere Anstrengungen genau in diese Richtung. Die Menschen müssen länger und gesund im Erwerbsleben bleiben, sodass das tatsächliche Antrittsalter deutlich näher an das gesetzliche rückt.

Diese Anstrengungen wirken bereits. In den ersten fünf Monaten des heurigen Jahres sind um sechs Prozent mehr Männer und Frauen bis zum gesetzlichen Antrittsalter von 65 und 60 Jahren im Erwerbsleben geblieben. Die Zahl der neuen Invaliditätspensionisten ist im selben Zeitraum bei den Arbeitern und Angestellten um 14,8 Prozent gesunken und das tatsächliche Antrittsalter um acht Monate gestiegen. Wir haben mit den oben genannten Reformen und nicht zuletzt mit der Einführung des neuen Pensionskontos klar signalisiert: Es zahlt sich aus, länger zu arbeiten.

Wer beispielsweise bis zum 65. Lebensjahr arbeitet, wird eine um rund 27 Prozent höhere Pension erhalten, als wenn er mit 62 Jahren in die Korridorpension geht. Das alles hilft aber nicht viel, wenn die Menschen im höheren Alter keinen Arbeitsplatz mehr haben. Unsere unterdurchschnittliche Beschäftigungsquote zwischen 55 und 64 Jahren hat auch damit zu tun, dass viele Ältere entweder ohne Job sind oder zum ehestmöglichen Zeitpunkt aus dem Erwerbsleben in die Pension gedrängt werden. Daher wollen wir es den Unternehmen schmackhaft machen, Ältere einzustellen oder zu behalten – durch Anreize, aber auch Sanktionen. Die Arbeitnehmer tragen ihren Teil zur Anhebung des Antrittsalters durch strengere Bestimmungen oder höhere Abschläge bereits bei. Nun muss auch die Wirtschaft mitziehen.

In den letzten Monaten wird immer wieder der Vergleich mit Schweden strapaziert. Schweden habe seine Reformen im Unterschied zu Österreich bereits gesetzt und sein System auf sehr lange Sicht fit gemacht. Tatsächlich gehen die Schweden später in Pension als die Österreicher. In Schweden werden jedoch viele Leistungen, die bei uns über das Pensionssystem bezahlt werden, extra verrechnet oder in anderen Systemen untergebracht. Betrachtet man das gesamte Sozialsystem, dann ist das schwedische sogar teurer als das unsere.

Um die Finanzierbarkeit unseres Sozialsystems ist es gar nicht so schlecht bestellt. Das meinen auch die Experten der Pensionskommission. In ihrem letzten Langfristgutachten wurde berechnet, dass der Bund derzeit für Pensionen (inkl. Beamten) 6,3 Prozent gemessen am BIP ausgibt. Im Jahr 2050 werden es 7,6 Prozent sein, also ein eher moderater Anstieg von 1,3 Prozentpunkten in fast 40 Jahren. Explodierende Kosten sehen anders aus.

Der Autor ist Sozialminister der Republik Österreich.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2014)

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