Nur ein Jahr vor der Wien-Wahl tritt der Wiener SP-Landesparteisekretär Christian Deutsch nach internem Machtkampf zurück. Als heißester Favorit für die Nachfolge gilt Georg Niedermühlbichler.
Wien. Die SPÖ hat offenbar einen Hang, Parteimanager knapp vor einer Wahl auszuwechseln: Norbert Darabos ersetzte Günther Kräuter ein halbes Jahr vor der Nationalratswahl. In Wien verabschiedet sich Christian Deutsch nun ein Jahr vor der Gemeinderatswahl - und zwar sehr abrupt, via Email an seine Mitarbeiter.
Ganz überraschend kam der Rückzug von Deutsch, der sich fortan als Gemeinderat um seinen Wahlkreis Liesing kümmern wird, jedoch nicht. Voran gingen dem Gerüchte und gute Gründe: etwa das schlechteste Wahlergebnis der Wiener SPÖ bei einer EU-Wahl, generelle Probleme bei der Mobilisierung der Basis, Fehlentscheidungen bei Kampagnen und interne Beschwerden über mangelnde Kommunikation der Parteizentrale. Zuletzt gab es einen Machtkampf in der Löwelstraße. Bereits im Herbst 2013 wurde Katharina Schinner von Bürgermeister Michael Häupl als Stellvertreterin von Deutsch installiert. Der Plan: Schinner, die aus dem Sozialdemokratischen Wiener Wirtschaftsverband kommt und als talentiert und in der Partei beliebt gilt, sollte die Kommunikation nach innen verbessern. Deutsch hat sich zwar in seinen sechs Jahren an der Spitze als guter Organisator erwiesen - aber nicht als soziales Talent.
Doch mit dem Teamwork klappte es nicht: Deutsch sah Schinner als Bedrohung, heißt es aus der Partei, und versuchte die Macht noch mehr an sich zu ziehen. Vor wenigen Wochen folgte angeblich der Eklat. Die engste Vertraute von Deutsch, Claudia Nekvasil, musste ihren Posten als Chefredakteurin des SPÖ-Pressedienstes ebenso räumen wie ihre Position als Abteilungsleiterin, wo sie teilweise auch für Strategie und Kampagnen zuständig war. Sie blieb nur Pressesprecherin der Partei. Ihre Agenden übernahm eine Schinner-Vertraute. Eine de-facto-Entmachtung für Deutsch. Es wird gemutmaßt, dass dies den Rückzug beschleunigte.
Von Seiten des Bürgermeisters dankt man Deutsch offiziell für die gute Arbeit, in Parteikreisen wird sein Abschied aber Häupl zugeschrieben. Tenor: Gut, dass Deutsch noch rechtzeitig vor der Wahl geht. Wer Deutsch nachfolgt, entscheidet Häupl als Landesparteivorsitzender, das heißt: Er macht einen Vorschlag, der vom Wiener Parteivorstand beschlossen werden muss - und zwar in den nächsten Wochen. Letztlich dürfte es ein Zweierteam werden. Schinner soll bleiben, den harten (Wahlkampf-)Job aber nicht alleine machen.
Niedermühlbichler als Favorit
Das Anforderungsprofil für den künftigen Parteimanager lautet: Gemeinderat oder -rätin, jung, guter Organisator, kommunikativ. Heißester Favorit ist Georg Niedermühlbichler, der Präsident der österreichischen Mietervereinigung der aber auch als möglicher nächster Klubchef gehandelt wird. Vermutlich kann er zwischen beiden Positionen wählen. Auch im Rennen: Gerhard Spitzer, Parteimanager der einflussreichen SPÖ-Floridsdorf und Jürgen Czernohorszky. Er hieß vor seiner Hochzeit Jürgen Wutzelhofer und ist derzeit Geschäftsführer der österreichischen Kinderfreunde.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15. Juli 2014)