Minutenlang hätten die 190 Bischöfe den Worten von Franziskus zum Ende der Familiensynode applaudiert, heißt es.
Wir wollen es gern glauben. Aber als mindestens ebenso gewiss darf gelten, dass ein Teil der Mitraträger ihrem „santo padre“ schlicht die Gefolgschaft verweigert haben. Durchaus interessant zu sehen, wie „Konservative“ plötzlich Papsttreue interpretieren.
Natürlich, für den umjubelten Franziskus wird der Umgang der katholischen Kirche mit ihren einschlägigen Problemfeldern (vorehelichen sexuellen Akten, Scheidung, Homosexualität) zum Ernstfall. Zum Ernstfall, inwieweit es ihm gelingt, seinen Kurs – der grob mit den Begriffen Barmherzigkeit und Begleitung anstelle von Vorschriften und Verboten zu umreißen ist – beim Führungspersonal durchzusetzen. Dabei ist ohnedies schon einiges gelungen. Die Debatten im Vatikan waren von bei derartigen bischöflichen Treffen bisher unbekannter Offenheit, Spontaneität und Diskurslust geprägt. Man kann das auch weniger prosaisch Streit nennen. In der Sache ist nichts entschieden. Weder so noch so.
Denn im Herbst 2015 findet die Selbstfindung der Kirche ihre Fortsetzung mit der abschließenden Bischofssynode. Bis dahin wird weiter über Familie, Liebe und Sexualität (theologisch) nachgedacht werden müssen. Auf ein Jahr sollte es nach den verlorenen Jahrzehnten nicht mehr ankommen.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2014)