"Das Gefühl, man hat mich im Stich gelassen"

Eva Weiß und ihr zweiter Mann Leo als Beispiel für eine wiederverheiratete Geschiedene.
Eva Weiß und ihr zweiter Mann Leo als Beispiel für eine wiederverheiratete Geschiedene.Die Presse
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Seit Eva Weiß geschieden und wieder verheiratet ist, fühlt sie sich in der Kirche nicht mehr so akzeptiert wie früher.

Ihren ersten Mann lernte Eva Weiß in der Katholischen Jugend kennen. Beide verbrachten viel Zeit in kirchlichen Organisationen, sie engagierte sich im Pfarrgemeinderat, er in der Jungschar. Alles lief harmonisch ab. „Ich habe meine große Liebe geheiratet“, sagt sie, „in der Hoffnung, dass das ewig dauert.“ Doch ewig sollte es dann doch nicht sein. Nach 20 Jahren Beziehung, davon 14 Jahre als verheiratetes Paar, kam die Trennung. Ihr Partner zog aus dem gemeinsamen Haus in Maria Anzbach im Wienerwald aus, blieb aber im Gemeindegebiet – auch, um den Kontakt zu den vier Kindern nicht abreißen zu lassen. Es war ein Bruch in der Biografie. „Und es ist mühsam weitergegangen als Alleinerzieherin.“

Eva Weiß ist eine gläubige Katholikin. Und dem Ideal, mit einem Partner für immer zusammen zu sein, kann auch sie einiges abgewinnen. „Ich finde, es ist auch eine Gnade, wenn man so lange beisammen sein kann“, sagt sie. „Die Gnade, füreinander die Liebe zu erhalten.“ Das habe nicht nur etwas mit dem Eros zu tun, sondern auch viel mit Freundschaft, mit Respekt. Doch zusammenzubleiben, obwohl die Beziehung nicht mehr funktioniert, hält sie dennoch nicht für ein Dogma. Sie sieht es pragmatisch. „Bevor man allen schadet, ist es besser, sich zu trennen.“


Eine neue Liebe. Vier Jahre nach der Scheidung lernte Eva Weiß schließlich Leo kennen. Und verliebte sich in ihn. Mehr als zehn Jahre lebten die beiden ohne Trauschein zusammen, lange wollte der neue Partner nicht heiraten – weil er wegen eines Schlaganfalls körperlich eingeschränkt war. 2010 war es aber schließlich doch so weit – und die beiden feierten ihre Hochzeit. „Ich habe ihn geheiratet – denn ich hätte auch meinen ersten Mann nicht allein gelassen, wenn er einen Schlaganfall gehabt hätte.“ Geheiratet wurde allerdings nur auf dem Standesamt, eine kirchliche Hochzeit wäre für die Geschiedene nicht möglich gewesen.

Was Eva Weiß zu diesem Zeitpunkt allerdings gar nicht mehr allzu sehr berührte. Denn ihr Verhältnis zur Kirche war schon vor einiger Zeit abgekühlt. Denn da und dort waren zuvor schon Stimmen laut geworden, dass sie als Geschiedene mit einer Liaison doch nicht im Pfarrgemeinderat an vorderster Front der Kirche stehen könne. „Erst hat mich das nicht tangiert, aber dann hat es mich doch sehr getroffen und verletzt.“ Sie suchte das Gespräch, doch sie fühlte sich trotzdem nicht verstanden. Und so legte sie ihre Funktion nach einigen Jahren zurück.

„Ich habe das Gefühl gehabt, dass mich die Gemeinde im Stich gelassen hat – obwohl es nicht stimmt, es waren nur ganz wenige.“ Was sie kränkte, war auch, dass darüber geredet wurde, dass sie „in Sünde“ lebte – doch niemand fragte, wie es ihr eigentlich gehe. So zog sie sich letztlich zunehmend aus der Gemeinde zurück. Im Kirchenchor und als Kantorin in der Pfarr-Caritas ist sie nach wie vor aktiv – „weil ich gern singe“ –, doch jeden Sonntag in die Messe gehen, diese Zeiten sind für sie vorbei. Auch deshalb, weil ihr Mann nicht mitkommen könnte und wollte. „Ich müsste ihn allein lassen. Und es ist doch auch Gottesdienst, für den Partner da zu sein.“

Keine Sakramente. Dass der Vatikan beim Umgang mit Geschiedenen und Wiederverheirateten über neue Wege nachdenkt, freut Weiß. „Natürlich hoffe ich, dass sich etwas verändert, weil es viele Leute betrifft, die gläubig sind und sehr darunter leiden, wenn sie die Sakramente nicht empfangen dürfen.“ Für sie selbst sei es kein Problem mehr, „ich brauche es für mein Seelenheil nicht“. Wiewohl sich in den vergangenen Jahren schon einiges verändert hat. In Maria Anzbach etwa mit einem neuen Pfarrer, der kein Problem damit hat, Betroffenen die Kommunion zu spenden, wenn er mit ihnen gesprochen hat. Was einige bereits aus der Kirche Ausgetretene motivierte, wieder in die Gemeinschaft zurückzukehren.

Was die Familiensynode im Vatikan bringt, beobachtet Eva Weiß trotz allem mit Interesse. Immerhin, es bewegt sich etwas. Spät, aber doch, auch wenn es für sie persönlich nicht mehr viel ändern wird. Dafür ist es schon zu spät. „Ich glaube schon, dass ich mich noch mehr in der Kirche heimisch fühlen würde, wenn der Vatikan schon früher etwas verändert hätte“, meint sie. „Aber ich will auf keinen Fall sagen, dass der Vatikan schuld daran ist, wie es bei mir gelaufen ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2014)

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