EU-Ziele zum Klimaschutz durch CO2-Reduktion würden als Alleingang keinen Sinn haben – aber langfristig den Bestand der Industrie und ihrer Arbeitsplätze in Europa und Österreich gefährden.
Wien. Die Industriellenvereinigung (IV) warnt im Vorfeld des Europäischen Rats am kommenden Donnerstag vor einer verbindlichen Verschärfung der CO2-Ziele in Europa. „Alle überzogenen Ziele und Eingriffe in hochsensible Bereiche haben entscheidende Auswirkungen auf Österreichs Volkswirtschaft“, sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer am Montag bei einem Pressegespräch in Wien.
Die Vertreter der Industrie fürchten eine Einigung unter den nationalen Regierungschefs am Donnerstag, den CO2-Ausstoß in Europa bis 2030 um 40 Prozent zu reduzieren. Es zeichne sich aber ab, dass das Reindustrialisierungsziel nicht gleichrangig mit den „vermeintlichen“ ökologischen Zielsetzungen verfolgt werde, so Neumayer. Wanderte Industrie aus Europa ab, so produzierte sie anderswo weniger sauber.
„Religion der CO2-Reduktion“
Ein europäischer Alleingang bei den Emissionszielen wäre schon allein deshalb nicht sinnvoll, weil Europa ohnehin nur für zehn Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich ist. Die Energiepreise sind in Amerika und Asien aber deutlich niedriger. Die Folgen sind auch fürs Klima negativ.
„Wenn wir in Österreich eine Papierfabrik schließen und nach China verlegen, erhöhen wir unseren CO2-Ausstoß um 30 Prozent“, sagt Peter Oswald, CEO von Mondi und IV-Ausschuss-Chef für Ressourcen, Energie und Ökologie. Grund sei der deutlich schmutzigere Energiemix, der in China zum Einsatz kommt. Allzu ambitionierte Klimaziele in Europa würden sich auch negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken, warnen die Industrievertreter. Allein die energieintensive Industrie zeichne verantwortlich für 150.000 Jobs in Österreich – bei einer Wertschöpfung von 13 Mrd. Euro.
Diese Jobs dürfe man nicht durch die „Religion der CO2-Reduktion“ gefährden, warnte Oswald. Die Union dürfe nicht zum „einsamen Cowboy“ auf der Welt werden – ein Alleingang ohne verbindliche Zusagen aus Asien und Amerika sei deshalb abzulehnen. Es sei zwar nur schwer quantifizierbar, wie viele Unternehmen wegen der EU-Ziele abwanderten – was aber deutlich zu sehen sei, sei eine Reduktion der (ausländischen) Investitionen in Europa, sagt Markus Beyrer, Generaldirektor des europäischen Arbeitgeberverbandes Businesseurope.
Die Stromkosten seien in Europa inzwischen doppelt so hoch wie in den USA – wo auf Fracking und Shale-Gas gesetzt wird, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Auch in Europa müsse Fracking daher „ein Teil des Mosaiks sein“, so Beyrer.
„Je energieintensiver ein Unternehmen, umso vorsichtiger wird investiert. Schließungen sind ein schleichender Prozess“, sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Der Lobbyismus für verbindliche CO2-Ziele sei in Brüssel stark, aber „ohne die Folgen zu bedenken“. (jil)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.10.2014)