EU-Gipfel schnürt ein Weihnachtspaket für die Iren

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Viele Zusagen sollen ein Ja zum Lissabon-Vertrag bringen. Alle Mitgliedstaaten dürfen ihren eigenen Kommissar behalten. Bis 31. Oktober 2009 muss Irland ein zweites Referendum abhalten.

Brüssel. Am Ende sollen sie dann doch „Ja“ sagen. Das ist der Wunsch der Staats- und Regierungschefs der EU, die am Donnerstag ein Weihnachtspaket für die irische Bevölkerung schnürten. Um den Iren doch noch eine Zustimmung zum neuen EU-Vertrag abzuringen, soll die grüne Insel gleich mehrere Zusicherungen erhalten. Ihr wird garantiert, dass sie – wie auch alle anderen Mitgliedstaaten – ihren eigenen Kommissar behalten darf. Zudem wird klargestellt, dass der Vertrag nichts an der Neutralität Irlands und an seinem Abtreibungsverbot ändere.

Außerdem, so sah es der französische Vorschlag vor, soll den Iren eine geringe Unternehmenssteuer garantiert werden. Auch könnte die Zahl der Europaabgeordneten schon für die Europawahl im Mai nach der Regel von Lissabon festgelegt werden – auch wenn sich die Iren bis dahin noch nicht entschieden haben. So sollen sie schon vorab spüren, welche Vorteile gerade ein kleineres Land von den Lissabon-Reformen hat.

Bliebe die bisherige Regelung nach dem Nizza-Vertrag bestehen, würde auch Österreich im Europaparlament mit zwei Abgeordneten weniger vertreten sein. Österreichs Regierung zeigte sich von den französischen Vorschlägen denn auch begeistert. „Für uns ist das gut“, so Bundeskanzler Werner Faymann. „Die Festschreibung der Neutralität ist auch für Österreich von Vorteil.“ Außenminister Michael Spindelegger sieht ebenfalls „Vorteile für Österreich“. Er sei aber nicht sicher, ob etwa die Aufteilung der Sitze im Europaparlament von allen Mitgliedstaaten akzeptiert werde. Widerstand kam dann tatsächlich von Großbritannien. Auch Belgien, die Niederlande und Luxemburg haben Zweifel angemeldet.

Der EU-Gipfel legte auch den Zeitplan fest: Den Iren wird bis 31. Oktober 2009 Zeit gegeben, ein zweites Referendum abzuhalten. „Es muss aber ein Freiraum für die irische Regierung bestehen bleiben“, so Spindelegger. Sie soll, so der Tenor, sich den günstigsten Zeitpunkt aussuchen dürfen.

Irlands Premierminister Brian Cowen berichtete seinen EU-Amtskollegen über die Stimmungslage in seinem Land. Er sprach sich zwar für ein Referendum aus, wollte dies aber noch von Zusagen der EU-Partner abhängig machen. Im Juni hatten noch 53,4 % der Iren mit „Nein“ gestimmt. Letzte Umfragen zeigen eine Verbesserung der Stimmung. Mit ein Grund dürfte die drohende Wirtschaftskrise sein. Auch hat sich eines der Hauptprobleme der Iren entschärft: Die hohe Teuerung hat sich in den vergangenen Monaten wieder reduziert.

Martin-Kandidatur für „Mr. No“


Der prominenteste irische Vertragsgegner, der Geschäftsmann Declan Ganley, kündigte indessen weiteren Widerstand gegen den neuen EU-Vertrag an. „Mr. No“ möchte nun eine europaweite Wahlplattform für die Europawahlen im Juni schmieden. Diese Wahl soll seinem Wunsch nach indirekt zur Abstimmung über den Lissabon-Vertrag umfunktioniert werden. Mit an Bord könnte auch der österreichische EU-Abgeordnete Hans-Peter Martin sein. Ganley schloss eine Kandidatur des derzeit parteifreien EU-Parlamentariers nicht aus. „Hans-Peter Martin ist für mich ein wertvoller Berater. Ich hoffe, wir werden etwas mit Hans-Peter machen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2008)

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