Josef Pröll auf dem „Catwalk“ der Ratingagenturen

Pröll
Pröll(c) EPA (GEORG HOCHMUTH / POOL)
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Finanzminister Pröll versucht, knapp eine Milliarde Euro bei den Staatsausgaben zu sparen. Weniger, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Sondern um Österreichs "Triple-A" zu retten.

Wenn Finanzminister von einem „rigiden Sparpaket“ im staatlichen Sektor sprechen, ist das in den meisten Fällen keine sehr gute Nachricht. Weniger, weil es nicht höchste Zeit wäre, die seit Jahrzehnten zitierten „Sparpotenziale“ endlich zu heben. Vielmehr, weil Staaten in etwa so oft aus freien Stücken sparen, wie sich Dackel freiwillig einen Wurstvorrat anlegen.

Auffallend gerne geloben Finanzminister dann eiserne Ausgabendisziplin, wenn sie Organisationen gefallen wollen, die sie gerade um Geld anbetteln. Das war unlängst der Fall, als Ungarn und Rumänien Milliarden vom Währungsfonds vorgestreckt bekommen haben. Ein plötzlich entflammter Sparwille ist so gut wie immer ein Zeichen dafür, dass der Tanker Staat leckgeschlagen hat.

Was ist nun davon zu halten, wenn der Finanzminister der Republik Österreich einen harten Sparkurs in Aussicht stellt? Immerhin haben wir es hier nicht mit einem Schwellenland zu tun, sondern mit einem der reichsten Staaten der Welt, der seine Schulden stets pünktlich begleicht. Will der Staat auf Geheiß von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) etwa den Bürgern mit gutem Beispiel vorangehen, indem er seine Ausgaben um rund eine Milliarde Euro kürzt?

Leider nein. Die angekündigten Einsparungen sind ein PR-Gag im Namen der Republik. Ein verzweifelter Versuch, die internationalen Ratingagenturen davon zu überzeugen, dass Österreich nicht nur ein erstklassiger und verlässlicher Schuldner ist, sondern das auch bleiben wird.

Beste Bonität – auf dem Papier

Das Wohlwollen, das die Agenturen Österreich dieser Tage entgegenbringen, ist nicht gerade überwältigend. Die Experten von Moody's und Standard & Poor's fürchten, dass Österreich seinen am vermeintlichen Krisenherd Osteuropa stark engagierten Banken bald mit Milliardenhilfen unter die Arme greifen muss. In diesem Fall drohen die Staatsschulden zu explodieren, wodurch das Risiko steigt, dass die Republik Österreich ihrem Schuldendienst nicht mehr nachkommen kann.

Deshalb wird seit Wochen gemunkelt, dass das viertreichste Land Europas sein „AAA“ (Synonym für höchste Bonität und beste Kreditkonditionen) verlieren wird. Genau das versucht Pröll mit seinem angekündigten „Sparkurs“ zu verhindern. Offenbar mit Erfolg. Noch am Freitag beteuerte Moody's, dass Österreichs „Triple-A“ nicht gefährdet sei.

Weniger erfolgreich war Pröll offenbar auf den Märkten. Dort ist Österreich längst zum drittklassigen Schuldner abgestiegen. Die Republik ist für Geldgeber derzeit so riskant wie Italien. Ein Land, das mit zerrütteten Staatsfinanzen von sich reden macht und dessen Schuldenstand (104 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung) fast doppelt so hoch ist wie jener Österreichs (60 Prozent des BIP).

Vor einem Jahr wurden der Alpenrepublik noch ähnlich gute Konditionen eingeräumt wie Deutschland. Heute hat Österreich aufgrund befürchteter Probleme im Staatshaushalt um 1,33 Prozentpunkte mehr für Kredite zu zahlen, während Italien gegenüber Deutschland einen Risikoaufschlag von 1,49 Prozentpunkten zu akzeptieren hat (siehe Grafik).

Das sind keine guten Nachrichten für den angespannten Staatshaushalt. Durch die höheren Risikoaufschläge verteuert sich die Finanzierung des 165 Milliarden Euro hohen Schuldenbergs der Republik kräftig. Die Staatsschulden laufen zwar langfristig, es werden aber Jahr für Jahr größere Tranchen fällig, die zurückzuzahlen sind. Im Schnitt zwischen 20 und 30 Milliarden Euro. Geld, das der Staat nicht hat, sich also am Kapitalmarkt leihen muss. Allein die Verschlechterung der Kreditwürdigkeit kostet Österreich jährlich zwischen 240 und 360 Millionen Euro.

Das Problem: Die Geldgeber scheinen dem österreichischen Staat nicht wirklich über den Weg zu trauen. Das liegt wohl daran, dass die Republik in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder gezeigt hat, im Ausgeben von Geld deutlich mehr Talent zu haben, als im Haushalten. Eine Gabe, die in konjunkturell stürmischen Zeiten nicht so gut ankommt.

Gut getarnte Schuldenbombe

An den Geldmärkten ist vermutlich bekannt, dass sich Österreich eine gut getarnte Schuldenbombe unter den eigenen Sessel geschoben hat. Allein in den Staatsbetrieben ÖBB und Asfinag schlummern 22 Milliarden Euro an versteckten Verbindlichkeiten. Diese Schulden (2020 sollen es 40 Milliarden Euro sein) werden offiziell nicht dem Staat zugerechnet, sind aber von ihm zurückzuzahlen. Das sind immerhin sieben Prozent der heimischen Wirtschaftsleistung.

Fest steht, dass ein erstklassiges Rating von Moody's & Co. der Republik Österreich keine erstklassigen Konditionen auf den Kreditmärkten mehr sichert. Vielleicht hat das auch mit dem etwas ramponierten Ruf der Ratingagenturen zu tun. Immerhin waren es dieselben Häuser, die der US-Investmentbank Lehman Brothers unmittelbar vor der Pleite erstklassige Bonität bescheinigten. Dasselbe gilt für Island, das sich wenig später mit einem Staatsbankrott konfrontiert sah. Beachtliche Fehleinschätzungen, die tausende Anleger aus aller Herren Länder um deren Ersparnisse brachten.

An den Märkten wird die Geschichte von wankenden österreichischen Banken und einem finanziell angeschlagenen Staat gekauft. Ob die Story stimmt oder nicht, ist irrelevant. Das Vertrauen in die Republik ist in jedem Fall beschädigt. Nicht nur wegen möglicher staatlicher Hilfsgelder für Banken und bankrotte Fluglinien. Auch wegen österreichischer Finanzminister, die immer wieder gerne von „Sparkursen“ reden, um wenig später das Geld mit beiden Händen aus dem Fenster zu werfen.

(c) Die Presse / GK



franz.schellhorn@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2009)

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