Griechenland: Impulse für Beschäftigung

Um der angeschlagenen griechischen Wirtschaft zu helfen, wird mit EU-Unterstützung vor allem in die Infrastruktur investiert.

Athen. Derart drastisch hat eine Regierung nur selten ihr Ziel verfehlt. Als in Griechenland der EU-Förderrahmen 2007–2013 anlief, dominierten Schlagwörter wie „Lebensqualität für alle“ und „reale Konvergenz“. Nach dem Ausbruch der Schuldenkrise im Herbst 2009 war das alles nur noch wertloses Papier. Die Lebensqualität der Griechen sank in den vergangenen Jahren stark, die Arbeitslosigkeit lag zuletzt bei 26,6 Prozent.
Die großen Infrastrukturprojekte, aber auch kleinere Vorhaben mussten wegen des Ausfalls von öffentlichen nationalen Mitteln und von Bankkrediten jahrelang auf Eis gelegt werden. Erst nach einer Aufstockung der Kofinanzierung durch die EU auf bis zu 95 Prozent pro Vorhaben kam wieder Bewegung in das Programm, lag die Nutzung der Gelder 2014 etwa um 80 Prozent über dem europäischen Durchschnitt.

Auf dem Arbeitsmarkt ist es inzwischen traurige Realität, dass Beschäftigungsprogramme ausschließlich aus den Mitteln des europäischen Sozialfonds finanziert werden. Bei registrierten Arbeitslosen von einer Million und realen Zahlen um die 1,3 Millionen sind diese Gelder nur ein Tropfen auf den heißen Stein – außer im Fall von EU-Projekten, die Hoffnung machen, weil sie die Förderung von Arbeitsplätzen mit Impulsen für die Wirtschaft verbinden. So werden vom griechischen Arbeitsamt sogenannte Bildungsschecks für Jugendliche ausgegeben: Aus- oder Weiterbildung wird aus staatlichen Mitteln gefördert und im Anschluss daran eine Anstellung durch Bezahlung der Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitgebern und -nehmern gestützt. Das gibt den Jugendlichen die Chance, auch in fernerer Zukunft wieder Arbeit zu finden.

Sinn hat auch die Förderung von Unternehmensgründungen durch Arbeitslose, etwa durch Übernahme der Betriebskosten im ersten Jahr oder die Förderung von Beratungstätigkeit für die Jungunternehmer. So können diese etwa durch eine Marktstudie günstig in Erfahrung bringen, ob die Firmengründung überhaupt Erfolgsaussichten hat.

Recycling-Unternehmen

Noch Neuland in Griechenland sind die Sozialgenossenschaften. Hier verbinden die interessantesten Beispiele soziale Tätigkeit mit sinnvollen wirtschaftlichen Aufgaben. So hat sich die nordgriechische Bildungspartnerschaft Kyklos mit EU-Unterstützung der Hilfe für Roma verschrieben. 100 arbeitslose Roma werden in fachgerechtem Recycling geschult, ein Teil danach in Recycling-Firmen beschäftigt. Ein anderer Teil wird jedoch eine oder mehrere Sozialgenossenschaften gründen, das heißt gemeinnützige Recycling-Unternehmen. Das wird von Arbeitsmarktexperten als sinnvoll bezeichnet, da man sich vor Augen führen müsse, dass ein Teil der Roma-Bevölkerung des Landes immer noch vom illegalen Müllsammeln lebt.

In einem Land, in dem Intransparenz bevorzugte Methode korrupter Netzwerke ist, kann digitale Transparenz wahre Wunder wirken. Schon die Darstellung des EU-Förderrahmens 2007–2013 selbst ist Gegenstand eines Projekts gewesen, das Ergebnis, anaptyxi.gov.gr, verblüffend. Projekt für Projekt kann man hier gebundene und tatsächlich abgerufene Gelder vergleichen und auf diese Art leicht feststellen, was Bürgermeister ihrem Wahlvolk vorgaukeln – oder auch nicht.
In der neuen EU-Programmperiode von 2014 bis 2020 wird ein innovatives griechisches Wirtschaftsmodell mit produktiven, exportorientierten Branchen beschworen. Im vereinbarten Förderprogramm sind Mittel für Branding und Marketing von typisch griechischen Qualitätsprodukten wie Olivenöl vorgesehen, das heute allzu oft ohne Abfüllung zu Dumpingpreisen in Italien verschwindet. Trotz aller Beschwörungen bekommen allerdings auch im neuen Programm die Infrastrukturprojekte – und damit ihre Bauherren – den Löwenanteil an EU-Mitteln. Das neue, smarte „Modell“ muss also wieder einmal den Bulldozern den Vortritt lassen.

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