China und USA ringen um Vormacht

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Präsident Barack Obama musste in Peking trotz gemeinsamer Klimaziele erkennen, dass sich China im Streben nach regionaler Dominanz nicht von moralischen Appellen beeindrucken lässt.

Washington. Gastfreundliche Worte und gemeinsame Klimaziele (siehe Seite 2) sind das eine, Tarnkappenbomber das andere: Nur wenige Stunden nach der Abreise von US-Präsident Barack Obama von dem zweitägigen Gipfeltreffen in Peking stellte die Volksarmee ihren neuen, von herkömmlichem Radar schwer zu erkennenden Kampfjet auf einer Luftfahrtshow in der südchinesischen Stadt Zhuhai vor.

„Wir machen die besten Waffen für die Wächter des Friedens“ lautet das Leitmotiv des staatlichen Luftfahrtkonzerns Avic, der diesen J-31 Falcon Eagle herstellt. Als Wächter des Friedens sieht sich das kommunistische Regime der Volksrepublik zwar selbst gern. Die zunehmend nationalistisch-chauvinistische Rhetorik führender Militärs und Parteifunktionäre sowie ein seit den blutig niedergeschlagenen landesweiten Studentenprotesten von 1989 unerreicht hartes Vorgehen gegen politische Kritiker im Land und unduldsame Volksgruppen an den Rändern dieses riesigen Reichs lässt jedoch an der Friedensbewegtheit des neomaoistischen Präsidenten Xi Jinping zweifeln.

Bei seiner den zweitägigen Staatsbesuch von Obama in Peking abschließenden Pressekonferenz ließ Xi keine Zweifel daran, was er von Menschenrechten und den Grundsätzen einer offenen, freien Gesellschaft hält. Die Demokratieproteste in Hongkong seien eine „illegale Bewegung“, der Westen solle sich aus Chinas Angelegenheiten heraushalten, und jene amerikanischen Journalisten, die in der jüngeren Vergangenheit wegen ihrer Berichterstattung über Korruption, Menschenrechtsverletzungen und vor allem die enorme Bereicherung der Familien hoher kommunistischer Parteifunktionäre und Regierungspolitiker aus dem Land geworfen worden waren, sollten „Chinas Gesetze befolgen“, da sie ihre Probleme selbst verursacht hätten. Der Umstand, dass Xi erstmals auf chinesischem Boden eine Frage eines westlichen Reporters (nämlich jene nach den Sanktionen gegen US-Medien) zuließ, wurde als Fortschritt im Umgang Pekings mit der westlichen Öffentlichkeit gewertet.

„Chimerika“ in der Krise

Bescheiden waren die Ergebnisse des Gipfeltreffens. Niedrigere Zölle auf Technologieimporte, leichtere Einreise für chinesische Touristen und Studenten, ein beiderseitiges Gelöbnis, den Ausstoß von Treibhausgasen ein bisschen energischer zu senken als bisher: Das sind kosmetische Neuerungen, aber kein wesentlicher Fortschritt in der Beziehung der beiden größten Wirtschafts- und Militärmächte der Welt.

Amerikas Präsident, Barack Obama, konnte seinen chinesischen Gesprächspartner, Xi Jinping, nicht dazu bewegen, sich klar gegen die von Peking gesteuerte Industrie- und Militärspionage auszusprechen. Auch die zuletzt flächenmäßig organisierten Razzien ausländischer Unternehmen wegen angeblicher Steuer- und Kartellvergehen wurden wenn, dann nur hinter verschlossenen Türen angesprochen.

Die lange Zeit für beide Seiten vorteilhafte Handelsbeziehung, in China billig zu produzieren und Amerikas Konsum anzukurbeln, ist in der Krise: Von einer Symbiose, wie sie der britische Historiker Niall Ferguson mit dem Schlagwort „Chimerika“ anklingen ließ, ist heute wenig zu sehen.

„Positive Energie“ des Chauvinismus

Hingegen veranschaulichte eine Welle besonders amerika- und ausländerfeindlicher Artikel prominenter chinesischer Kommentatoren knapp vor dem Gipfeltreffen, wie nonchalant das Pekinger Regime auf dem Klavier der Demagogie zu spielen bereit ist. Zhou Xiaoping, der neue Star der regimetreuen Blogger, erklärte in seinem viel diskutierten Beitrag „Neun K.-o.-Schläge in Amerikas Kaltem Krieg gegen China“, die amerikanische Kultur untergrabe die moralischen Grundlagen und das Selbstbewusstsein der Chinesen (in einem anderen Beitrag verglich er die US-Medienberichterstattung über China mit der Behandlung der Juden durch Hitler). Diese Weltsicht ist in der Parteiführung wohlgelitten. Erst vor ein paar Wochen lobte Präsident Xi den Blogger Zhou für seine „positive Energie“.

AUF EINEN BLICK

China und die USA, die beiden weltgrößten Umweltverschmutzer, haben sich am Rand des Apec-Gipfels in Peking auf neue Klimaschutzziele geeinigt. Der chinesische Staatschef, Xi Jinping, und US-Präsident Barack Obama legten Eckdaten zur Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Treibhausgase bis 2030 vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2014)

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