Die Demontage der ÖIAG

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Die Regierung will bei Staatsbeteiligungen wieder das Sagen haben. In diesem Fall seien Privatisierungen "zwingend", sagt Post-Chef Pölzl.

Wien. Die versprochene Reform der Verstaatlichtenholding ÖIAG bleibt aus. Vor mittlerweile zwei Jahren haben sich die beiden Großkoalitionäre SPÖ und ÖVP darauf verständigt, der Staatsholding wieder eine Strategie und damit neuen Sinn einzuhauchen. Die ÖIAG solle zu einer „Beteiligungs- und Standortholding“ anwachsen und weitere Unternehmen in ihre Obhut bekommen, hielten die Regierungspartner damals in ihrem Arbeitsübereinkommen fest.

Wenn am morgigen Dienstag das ÖIAG-Gesetz tatsächlich in der zuletzt kolportierten Form im Ministerrat landen sollte, ist davon wenig übrig geblieben. „Herzstück“ dieser Mini-Reform wäre demnach die Rückeroberung der Macht über die Staatsbeteiligungen für die Politik. Wie der „Kurier“ berichtet hat, soll die ÖIAG von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH namens ÖBH umgewandelt werden. Der sich selbst erneuernde Aufsichtsrat soll fallen, damit die Regierung wieder direkten Zugriff auf OMV, Telekom und Post bekommt. Der künftige Generalsekretär des ÖBH wäre direkt weisungsgebunden und müsste sich seine Befehle von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) abholen.

Die betroffenen Unternehmen reagieren auf die drohende Wendung schockiert. Eine derartige „Repolitisierung“ würde an den Kapitalmärkten alles andere als gut aufgenommen werden, warnte Post-General Georg Pölzl im Gespräch mit der „Presse“. Ein solches Vorgehen macht „weitere Privatisierungen“ in seinen Augen „zwingend“, um das aufgebaute Vermögen für die Bürger zu schützen. Die Post konnte ihren Börsenwert in den vergangenen fünf Jahren etwa verdoppeln.

„Reform geht am Ziel vorbei“

Aber auch die Gewerkschaftsseite ist mit dem vorliegenden Konzept alles andere als zufrieden. Walter Hotz, noch ÖIAG-Aufsichtsrat und Zentralbetriebsratschef der Telekom Austria, warnte auch vor negativen Folgen für die beiden anderen Beteiligungen Telekom und OMV: „Diese Reform geht am Ziel vorbei. Damit kann eine Übernahme, wie sie der Telekom passiert ist, auch in Zukunft nicht verhindert werden“, warnt er.

Das Konzept sei nicht zu Ende gedacht worden, kritisieren Beobachter. Vor allem die Umwandlung der Staatsholding von einer Aktiengesellschaft in eine GmbH berge ein bisher unterschätztes Risiko. Denn bei der Telekom und der OMV konnte sich ÖIAG als Minderheitseigentümer über Syndikatsverträge mit den jeweiligen Großaktionären (Ipic bei der OMV und América Móvil bei der Telekom) großen Einfluss sichern. Diese könnten sich durchaus daran stoßen, dass ihr neuer Syndikatspartner ÖBH künftig direkt Befehle aus der Regierung empfangen wird. Die Staatsholding werde aller strategischen Werkzeuge beraubt und zum reinen Handlanger der Politik. Einzig der Drittelanteil an den Casinos Austria, den bisher die Münze hält, und die für die Bankenhilfe zuständige Fimbag könnten in die ÖBH übersiedeln.

Faymann soll intervenieren

Scheitern könnte das vorliegende Gesetz freilich weniger an strategischen Fragen als am politischen Postenschacher. So stößt sich die Arbeitnehmerseite daran, dass sie einen Großteil ihres bisherigen Einflusses verlieren würde. Wie berichtet, sieht der Gesetzesentwurf vor, dass Politiker und Funktionäre der Sozialpartner künftig eine vierjährige Sperrfirst einhalten müssen, bevor sie Mitglied der Kontrollgremien werden dürfen. Ein Machtverlust, der nicht hinzunehmen sei, polterte die Arbeiterkammer am Wochenende. Kanzler Faymann sei gefordert, am Montag in ihrem Sinn nachzujustieren.

AUF EINEN BLICK

Die Staatsholding ÖIAG soll zu einer GmbH namens ÖBH umgewandelt werden. Die Regierung will sich so wieder ihren Einfluss auf die ÖIAG-Beteiligungen OMV (31,5 Prozent), Telekom Austria (28,42 Prozent) und Post (52,85Prozent) zurückerobern. Eine echte Reform der ÖIAG bleibt aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2015)

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