Bericht: Belgische Islamisten wollten jüdische Schulen angreifen

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Deutsche Ermittler prüfen, ob es Verbindungen der belgischen Islamistenzelle zu deutschen Verdächtigen gibt.

Nach der Zerschlagung einer mutmaßlichen Islamistenzelle in Belgien patrouillieren Hunderte Soldaten an gefährdeten Orten des Landes. 150 Soldaten bezogen am Samstag Positionen in Brüssel und Antwerpen, schrittweise soll ihre Zahl auf 300 erhöht werden. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete, die Zelle habe neben Polizisten offenbar auch jüdische Schulen angreifen wollen.

Die belgische Armee beschützte am Samstag jüdische Einrichtungen, Behörden und Botschaften, wie Verteidigungsminister Steven Vandeput mitteilte. Rund 150 Soldaten bewachten "strategische Orte" im Diamantenhändler-Viertel in Antwerpen, wo zahlreiche orthodoxe Juden leben. Auch EU-Einrichtungen, der NATO-Sitz, die Botschaften der USA und Israels, die Große Synagoge und das Jüdische Museum in Brüssel wurden geschützt. Der Sondereinsatz ist zunächst auf einen Monat begrenzt. Zuletzt war die Armee nach einer Anschlagsserie Mitte der 80er-Jahre im Inland eingesetzt worden.

Verbindung Athen nach Belgien ausgeschlossen

Im ostbelgischen Verviers nahe der deutschen Grenze hatte die Polizei am Donnerstag bei einem Einsatz gegen mutmaßliche Islamisten zwei Verdächtige erschossen. Die Gruppe hatte nach Erkenntnissen der Ermittler Anschläge auf Polizisten geplant. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" berichtete unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise, dass offenbar auch jüdische Schulen angegriffen werden sollten.

Die belgischen Behörden fahnden nun nach dem mutmaßlichen Kopf der Islamisten. Der 27-jährige Abdelhamid Abaaoud soll sich nach Medienberichten in Syrien der Jihadisten-Organisation "Islamischer Staat" (IS) angeschlossen haben und die Islamisten in Verviers von Griechenland oder der Türkei aus gesteuert haben. In Athen wurden am Samstag vier Verdächtige festgenommen. Laut griechischen Polizeikreisen wurden DNA-Proben und Fingerabdrücke nach Belgien geschickt. Die belgische Staatsanwaltschaft schloss am Sonntag aber eine Verbindung aus.

Auch einen direkten Zusammenhang zwischen der belgischen Islamistenzelle und den islamistischen Anschlägen auf die Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" sowie eine Polizistin und einen jüdischen Supermarkt, bei denen in Paris 17 Menschen getötet worden waren, sehen die Behörden beider Länder nicht. Im Zuge der Ermittlungen in Frankreich befanden sich am Sonntag noch neun Verdächtige in Polizeigewahrsam.

Wütende Proteste wegen "Charlie Hebdo"-Ausgabe

Unterdessen wurden die beiden "Charlie Hebdo"-Attentäter beigesetzt. In der Nacht auf Samstag wurde in Reims zunächst Said Kouachi bestattet, in der Nacht auf Sonntag folgte die Beisetzung seines Bruders Cherif in Gennevilliers bei Paris. Beide wurden anonym beigesetzt, damit ihre Gräber nicht zu Pilgerstätten für Islamisten werden.

Die neue Mohammed-Karikatur in der jüngsten "Charlie Hebdo"-Ausgabe sorgte in muslimischen Ländern weiter für wütende Proteste. Demonstranten in der nigrischen Hauptstadt Niamey setzten mindestens acht Kirchen in Brand. Etwa tausend Männer zogen am Samstag mit Eisenstangen, Knüppeln und Äxten durch die Straßen. Bereits am Freitag hatte es in der zweitgrößten Stadt Zinder schwere antiwestliche Ausschreitungen gegeben. Insgesamt wurden bei den Protesten zehn Menschen getötet und Dutzende verletzt. Präsident Mahamadou Issoufou verurteilte die jüngste Gewalt in dem überwiegend muslimischen Land, zeigte sich aber auch kritisch gegenüber den Mohammed-Karikaturen.

In der Kaukasus-Republik Inguschetien gingen nach Behördenangaben rund 15.000 Menschen auf die Straße. Präsident Junus-Bek Jewkurow bezeichnete die Mohammed-Karikaturen als "Staatsextremismus". Afghanistans Präsident Ashraf Ghani kritisierte die Karikaturen als "Beleidigung" des Islam. In Gaza schmierten Unbekannte Sprüche wie "Ihr kommt in die Hölle, französische Journalisten" an die Wände des französischen Kulturinstituts.

300 Exemplare in Österreich

Der französische Präsident Francois Hollande betonte vor diesem Hintergrund am Wochenende erneut, die Meinungsfreiheit gehöre zu den wichtigsten Werten Frankreichs. "Charlie Hebdo"-Chefredakteur Gerard Biard sagte dem US-Sender NBC, die Mohammed-Karikaturen trügen zur Verteidigung der Religionsfreiheit bei. 42 Prozent der Franzosen lehnen die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen laut einer Umfrage allerdings ab.

In Österreich gelangten am Samstag rund 300 Exemplar der neuesten "Charlie Hebdo" in den Verkauf. Allerdings gingen die meisten Interessenten wegen des enormen Ansturms leer aus. Der Verlag kündigte an, die Auflage der Ausgabe von fünf auf sieben Millionen zu erhöhen.

(APA/dpa/Reuters/AFP)

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