Life Ball: Conchita Wurst als „Goldene Adele“

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Ellen von Unwerth hat das Plakat als Klimt-Sujet fotografiert. Der britische Setdesigner Simon Costin setzt den Ball in der Kärntner Straße in Szene.

Life Ball trifft Song Contest – im Abstand von einer Woche finden die beiden Großereignisse im Mai statt, und das heurige Life-Ball-Plakat bringt die Fusion auf den Punkt: Conchita Wurst, Song-Contest-Gewinnerin und Dragqueen, die schon 2012 auf dem Life Ball zu Gast war, ziert heuer dessen Plakat. Und zwar als Klimts „Goldene Adele“ in Szene gesetzt. „Ein Nationalheiligtum stellt ein anderes dar“, wie es Life-Ball-Organisator Gery Keszler formuliert.

Orientiert hat man sich dabei am heurigen Ballmotto des „Ver Sacrum“: Während Wien anlässlich des 150-Jahr-Jubiläums der Ringstraße dem Historismus huldigt, halte man sich beim Life Ball lieber an die Secessionisten und deren Leitspruch. „Um das starre Korsett hinter sich zu lassen und neue künstlerische und gesellschaftliche Ausdrucksformen zu finden.“

Und es ist wirklich kein Korsett, das Conchita da trägt: Die Kopie des Kleids der Adele Bloch-Bauer stammt von Art for Art, ist einmal in der „Lustigen Witwe“ aufgetreten und wurde in 1250 Arbeitsstunden mit 13.000 Swarovski-Kristallen und zweieinhalb Kilo Goldfarbe versehen. Fotografiert wurde das Bild – und wer den Terminkalender von Starfotografen kennt, weiß, wie viel Glück dahintersteckt – von der deutschen Fotografin und Claudia-Schiffer-Entdeckerin Ellen von Unwerth, die Keszler „schon lang verehrt“.

Hilfe von Jean Paul Gaultier

Entstanden ist das Bild vor rund zwei Monaten in Paris. „Man kommt ja mit einer gewissen Nervosität zu so einem Superstarfotografen. Aber es war wahnsinnig entspannt.“ Selbst Jean Paul Gaultier, der nächste Woche in Paris seine Lebenswerk-Schau eröffnet und im Mai die Life-Ball-Modenschau beschließt, sei vorbeigekommen und habe „selbst beim Styling Hand angelegt. Es war ein sehr lustiger Tag.“

Im Vergleich zum Vorjahr, als David LaChapelle einen Hermaphroditen gezeigt hatte, sei das Sujet heuer „subtiler“ ausgefallen, meint Keszler. Freilich nicht ganz ohne Provokation (abgesehen von Conchita selbst, auf die heute jeder stolz sei, „ob er es wirklich meint oder nicht“): Jedenfalls gibt es das Plakat mit drei Textvarianten, einer zitiert die umstrittene Zeile der Bundeshymne in wieder neuer Form: Als „Heimat großer Töchtersöhne.“

In Szene gesetzt wird das Life-Ball-Motto samt Adeles Kleid in den nächsten Monaten auch in der Kärntner Straße. Dort lädt Swarovski (nebenbei Sponsor des Crystal-of-Hope-Preises für HIV-Projekte beim Ball) seit sechs Jahren immer wieder internationale Designer ein, ein Schaufenster zu gestalten. Diesmal ist es der renommierte britische Setdesigner Simon Costin, der nicht zuletzt als Schöpfer ganzer Fantasiewelten für Alexander McQueen bekannt wurde (dessen Lebenswerk ist übrigens derzeit im Londoner Victoria-&-Albert-Museum zu sehen).

Diesmal sei seine Aufgabe „sehr einfach gewesen“, sagt Costin. „Ich habe einfach nur die vorhandenen Elemente verwoben.“ Es ist freilich schon sein drittes „Fenster“ für die Wiener Innenstadt: Im Vorjahr hat er das Leben der Ursula von Eschenfells in Szene gesetzt. „Sie wurde 1881 in Wien geboren und war die erste Frau, die je an der Akademie der Wissenschaften studieren durfte. Wir wissen von ihr nur deshalb, weil ihr Haus vor zwei Jahren abgebrannt ist und in ihrem Keller Koffer mit Unterlagen gefunden wurden“, sagt Costin. Die Dame ist freilich pure Erfindung. „Vieles von dem, was ich in meinen Installationen mache ist, Geschichten über Leute zu erfinden, von denen man sich wünscht, sie hätten existiert.“ Mit seiner Fantasie begeistert Costin große Kunden: Gerade hat er für Langzeit-Auftraggeber Hermès deren Schaufenster in der Londoner Bond Street gestaltet. Daneben arbeitet er an einem Auftragswerk für die Kulturschutzorganisation National Trust. Und seit Kurzem ist Costin Direktor eines kleinen Museums für Hexerei und Magie in Boscastle in Cornwall. „Ich interessiere mich schon mein ganzes Leben lang für Hexerei, Folklore und Mythologie.“

Nicht umsonst hat er, als Langzeitprojekt, auch das Museum of British Folklore gegründet. 2009 tingelte er mit einem Wohnwagen durchs Land, um Werbung dafür zu machen. „Jetzt müssen wir 20 Millionen Pfund auftreiben.“ In Wien, sagt Costin, habe ihn vor allem die Kunstkammer beeindruckt. „Die wollte ich immer schon sehen. Und sie ist wirklich überwältigend. Ich habe einen ganzen Tag dort verbracht, ich war wie hypnotisiert.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2015)

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