Trotz Angela Merkels ambitionierten Tagungsprogramms bleibt Russlands Präsident Putin der große Abwesende.
Berlin/Elmau. Von Barack Obamas außerordentlich guter Laune ließ sich die oberbayrische Ortschaft Krün nahe Garmisch schnell anstecken. Da witzelte der US-Präsident mit Gastgeberin Angela Merkel darüber, dass er seine Lederhose leider daheim vergessen habe, und angesichts des blendenden Wetters könne man ja den G7-Gipfel von Schloss Elmau gleich auf die Bierbänke vor dem Krüner Rathaus verlegen.
Dort ließ Merkel zum Frühstück noch Weißbier (alkoholfrei) und Weißwurst servieren, und ihr Ehemann, Joachim Sauer, führte Obama in die Seziertechnik der bayerischen Wurst ein. Es blieb noch Zeit für ein Loblied von beiden Seiten auf die deutsch-amerikanische Freundschaft – ungeachtet der Missstimmung in den vergangenen Wochen wegen der NSA/BND-Affäre –, ehe bis zur Mittagszeit dann auch der letzte G7-Gast, der italienische Premier, Matteo Renzi, in München gelandet war.
Das beschauliche Ambiente in Elmau mit den G7-Spitzen auf der Pusteblumenwiese nahe an der Tiroler Grenze stand am Sonntag in krassem Gegensatz zu den Themen des Gipfels, der bis heute Montag dauert: Terror, die Gefahr durch Krankheiten wie Ebola, das Weltklima, die Rolle der Frauen und die Rechte der Arbeiter in Ländern wie Bangladesch. Und über all den Freundlichkeiten zwischen den USA, Deutschland, Kanada, Japan, Frankreich, Großbritannien und Italien schwelte der große Abwesende des Treffens: der Präsident Russlands, Wladimir Putin.
Seit seiner Ausladung nach der Krim-Annexion 2014 sind die Töne nicht milder geworden. Bereits vor dem Gipfel bekräftigte der kanadische Premier, Stephen Harper, den Ausschluss Putins, am Sonntag forderte EU-Ratspräsident Donald Tusk, ein Pole, die Teilnehmer auf, Russland wirtschaftlich weiter zu drosseln. Obwohl Merkels ambitioniertes G7-Programm nicht viel Raum für den Ukraine-Konflikt vorsieht, dürfte das Thema in Gesprächsrunden wie zur Sicherheits- und Außenpolitik am Sonntagabend vorherrschend gewesen sein. Zumindest Obama und Merkel haben sich geeinigt, dass an den Sanktionen so lange festgehalten wird, bis Russland die Vorgaben aus dem Minsker Abkommen über ein Ende der Kämpfe in der Ostukraine umsetzt. Unterdessen bleibt Letztere weiterhin ein Krisenherd: Am Freitag berichtete die OSZE von erneuten Schusswechseln, nachdem kurzzeitig Ruhe eingekehrt war. Demnach sind die Kämpfe rund um die Stadt Marjinka in Donezk wieder aufgeflammt.
Mehrere Verletzte bei Demo
Der erste Tag des Gipfels wurde mit einer Arbeitssitzung zum Thema Weltwirtschaft eingeläutet; danach ging es mit der themenverwandten Sitzung Handel weiter. Parallel zu dem hochkarätig besetzten Treffen im Schloss – außer den G7-Staaten nehmen auch Präsidenten einiger Länder aus Afrika, Iraks Präsident sowie Vertreter von UN und Weltbank teil – wurde dagegen vor allem in Garmisch-Partenkirchen protestiert. An mehreren Stellen, etwa an einer Bundesstraße, errichteten Demonstranten Blockaden und wurden etwa von der Polizei weggetragen.
Bereits am Samstag setzten Beamte Pfefferspray und Schlagstöcke ein, umgekehrt flogen Wurfgeschosse, mehrere Demonstranten sowie Polizisten wurden verletzt. In Garmisch wurde ein Protestcamp errichtet, das aufgrund heftigen Regens kurzzeitig vor dem Aus stand. Zudem rief ein Aktionsbündnis gegen G7 zu einem Marsch auf, um so nah wie möglich zum Schloss Elmau zu gelangen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2015)