Atom-Deal: USA betreiben "psychologische Kriegsführung"

Der Berater Ayatollas, Ali Akbar Velayati, kritisiert das Vorgehen der USA. Indes betont der iranische Außenminister Zarif, dass die Verhandlungen weitergeführt werden.

Kurz vor Ablauf der Frist für die Atomverhandlungen mit dem Iran hat ein wichtiger Berater des geistlichen Oberhauptes Ayatollah Ali Khamenei die USA scharf kritisiert. Bemerkungen von US-Außenminister John Kerry über die Gespräche seien Teil der "psychologischen Kriegsführung" des Landes gegen die Islamische Republik, sagte Ali Akbar Velayati laut der halbamtlichen Nachrichtenagentur Tasnim.

Kerry hatte am Donnerstag gesagt, man sei zu einem Abbruch der Verhandlungen bereit, wenn man sich nicht zu schwierigen Entscheidungen durchringen könne. "Wir können nicht ewig warten." Zugleich sprach er von echten Fortschritten in den Verhandlungen, in denen es um eine Beschränkung des iranischen Atomprogrammes geht. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini machte indessen Druck auf Teheran. Wenn der Iran in den nächsten Stunden keine wichtigen Entscheidungen treffe, werde es keinen Deal geben.

Frist für US-Kongress verstrichen

Die Fronten im Atomstreit zwischen der 5+1-Gruppe und dem Iran sind verhärtet. Nachdem auch die jüngsten Verhandlungen im Wiener Palais Coburg in den vergangenen Stunden keinen Durchbruch gebracht haben, ist ein Deal weiterhin nicht in Sicht. Freitag früh verstrich die Frist, bis zu der das Abkommen dem US-Kongress vor der Sommerpause hätte vorgelegt werden sollen.

Aufgrund der Sommerpause bekommt der Kongress nun 60 statt 30 Tage Zeit, ein etwaiges Abkommen zu evaluieren. Dies wiederum räumt den Kritikern (Israel, arabische Golfstaaten, Hardliner im iranischen Parlament und im US-Kongress) eines möglichen Deals laut Beobachten mehr Zeit ein, diesen zu torpedieren.

"Überzogene Forderungen"

Der iranische Außenminister Mohammed Javad Zarif kritisierte die "Veränderungen der Positionen und überzogene Forderungen" von Seiten mehrerer Länder in der 5+1-Gruppe. Der Iran wolle ein Abkommen, das die Würde des Landes respektiere, sagte Zarif nach Angaben des arabischen Senders Al-Alam am Donnerstagabend nach dem Verlassen der Moschee in der Mollardgasse in Wien-Mariahilf. An Teheran solle eine Einigung aber nicht scheitern: "Wir setzen die Gespräche fort und wir werden den Verhandlungstisch niemals verlassen." Wenn die andere Seite ebenfalls eine ausgewogene Einigung anstrebe, sei diese "zum Greifen nahe".

Velayati pochte darauf, dass die Grenzen der iranischen Führung respektiert werden müssten. Diese hatte Khamenei im Juni genannt: Einen längerfristigen Stopp des Atomprogrammes und Kontrollen militärischer Anlagen wird es demnach nicht geben. Der Iran steht im Verdacht, Atomwaffen zu entwickeln. Die Führung in Teheran hat dies stets zurückgewiesen.

Unterdessen herrscht im Palais Coburg Ratlosigkeit. Die iranischen Verhandler, allen voran Außenminister Mohammad Javad Zarif, stellten dem Westen ein Ultimatum. Dieser müsse wissen, ob er ein Abkommen oder die Politik des Drucks wolle, meinte Zarif in Anspielung auf die Sanktionen. Zudem, so der Vorwurf der Iraner, habe die 5+1-Gruppe (USA, Russland, China, Großbritannien und Frankreich plus Deutschland) ihre Positionen in den vergangenen Stunden verhärtet und sei sich auch untereinander bezüglich der Aufhebung der Sanktionen nicht einig.

Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini machte Druck und stellte Teheran die Rute ins Fenster. Wenn der Iran in den nächsten Stunden keine wichtigen Entscheidungen treffe, werde es keinen Deal geben.

(APA/Reuters/AFP)

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