Türkische Gemeinde warnt vor Gewalt auch in Deutschland

Ein Transparanet auf einer Demonstration in Mannheim nach den Anschlägen in Ankara.
Ein Transparanet auf einer Demonstration in Mannheim nach den Anschlägen in Ankara.(c) AFP
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In Deutschland gingen am Wochenende tausende Kurden und Sympathisanten auf die Straße. Grünen-Chef Özdemir fordert einen Verhandlungsstopp der EU mit der Türkei.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, hat nach dem verheerenden Bombenanschlag in Ankara vor gewaltsamen Auseinandersetzungen von Kurden und nationalistischen Türken auch in Deutschland gewarnt. "So wie die Stimmung jetzt gerade in der Türkei ist, befürchte ich eine weitere Eskalation auch hier", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Montag).

Er beobachte, "dass in den sozialen Medien sehr schnell von allen Seiten zu Demonstrationen aufgerufen wird, die gar nicht genehmigt sind". Anhänger der in der Türkei verbotenen kurdischen PKK riefen zur Vergeltung auf. Die radikalen Gruppen seien zwar auf beiden Seiten in der Minderheit. Der Chef der Türkischen Gemeinde fügte jedoch hinzu: "Wehret den Anfängen."

Am Wochenende gingen Tausende Kurden und Sympathisanten in mehreren deutschen Städten auf die Straße; viele machten Erdogan für die Tat verantwortlich. Die größte Kundgebung gab es in Stuttgart mit 5000 Teilnehmern.

Özdemir: "Erdogan nimmt Tod seiner Bürger in Kauf"

Der deutsche Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir hat die Europäische Union aufgefordert, Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf Eis zu legen. "Wir dürfen bis zur Wahl am 1. November nichts tun, was als Stärkung von Erdogan verstanden werden könnte", sagte Özdemir den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).

"Jedes Abkommen wäre ein Signal, dass Erdogan für uns ein normaler Gesprächspartner wäre. Das kann aber kein Staatschef sein, der den Tod seiner Bürger, Polizisten und Soldaten in Kauf nimmt." Der Türkei kommt bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise eine zentrale Rolle zu.

"Hier sollte Chaos gestiftet werden"

Die Polizei mache ihre Arbeit nicht - "wie so häufig in jüngster Zeit, wenn Bomben detonierten", fügte Özdemir an. "Wer sein eigenes Land ins Chaos stürzt, weil er Angst davor hat, im Falle einer Wahlniederlage für seine Untaten zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist kein verlässlicher Partner."

Özdemir sah in dem Attentat in Ankara eine Provokation. "Wer immer das war, hat sich bewusst eine Friedensdemonstration von Gewerkschaften, HDP und auch CHP (säkulare, linksnationalistische Oppositionspartei, Anm.) als Ziel ausgesucht", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Montag). Hier solle Chaos gestiftet werden. "Ausgerechnet einen Tag, bevor die PKK einen einseitigen Waffenstillstand verkünden wollte, wird dieser feige Anschlag verübt."

Sicherheitsmaßnahmen verstärkt

Die Türkei verschärft unterdessen die Sicherheitsmaßnahmen. Innenminister Selami Altinok erklärte laut dem Sender CNN Turk vom Montag, man habe die Lektionen aus den Attentaten gelernt. Details wurden zunächst nicht bekannt.

Die genaue Opferzahl ist weiterhin unklar. Die pro-kurdische Partei HDP gab die Zahl der Toten mit 128 an, während die Regierung erklärte, 97 Menschen seien getötet worden. Am Sonntag hatten Tausende Menschen gegen den Präsidenten Recep Tayyip Erdogan protestiert, dem sie eine Mitschuld an den Anschlägen gaben.

(APA/dpa)

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