Schweiz: Blochers Stammhalterin

Magdalena Martullo-Blocher führt seit einem Jahrzehnt mit harter Hand den Familienkonzern. Nun wurde sie ins Parlament gewählt.

Wien. Christoph Blocher, graue Eminenz der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei und milliardenschwerer Industrieller, darf beruhigt sein: Seine Tochter Magdalena Martullo-Blocher hat nicht nur die Nachfolge an der Spitze des Familienkonzerns Ems-Chemie erfolgreich übernommen, sondern ihr ist auch der erste Schritt einer politischen Laufbahn geglückt. Am Sonntag wurde die 46-Jährige für den Kanton Graubünden in den Nationalrat gewählt, das Schweizer Parlament.

Die Absolventin eines Wirtschaftsstudiums an der Universität St. Gallen wurde vom Vater schon früh zur Stammhalterin der politischen und industriellen Familiendynastie erzogen. Sie war gerade einmal 34 Jahre alt, als Blocher sie in den Vorstandssessel der Ems-Chemie hob, um sich gänzlich seinen politischen Ambitionen widmen zu können. Das Unternehmen ist zwar börsenotiert, knapp 70 Prozent seiner Aktien werden aber von den Töchtern Blochers kontrolliert.

Martullo-Blocher führt es mit harter Hand – das brachte steigende Börsenkapitalisierung und Renditen, aber auch Kritik an ihrem Druck auf lokale Politiker in Graubünden, dessen größter Arbeitgeber sie ist. „Wer Martullo kritisiert, der geht das Risiko eines politischen Selbstmords ein“, zitierte das Wirtschaftsmagazin „Bilanz“ einen Beobachter. Vom rüden Umgangston mit ihren Mitarbeitern kann man sich anhand eines YouTube-Videos ein Bild machen, welches Martullo-Blocher dabei zeigt, wie sie in eher bescheidenem Englisch eine Gruppe von Managern dazu auffordert, eine konzerninterne Führungsstrategie namens „Seven Thinking Steps“ herunterzudeklinieren.

Wenig gern wird die dreifache Mutter auf die Vergangenheit ihres italienischen Gatten Roberto angesprochen. Er erlitt 1991 mit einer Elektrofirma Bankrott, 1992 ging er in Privatkonkurs. Noch 2001 hatte er laut „Tagesanzeiger“ Schulden, seinen Schweizer Reisepass erhielt er 2007 erst im zweiten Anlauf. (go)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2015)

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