Ein Jahr „kreative Pause“ für den Life Ball

LIFE BALL 2012: KESZLER
LIFE BALL 2012: KESZLER(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Gery Keszler will den Life Ball „in jeder Hinsicht neu erfinden und auf die nächste Stufe heben“ – und lässt ihn 2016 erst einmal ausfallen.

Wien. Der Mai 2016 wird in Wien ein wenig farbloser, ein wenig unspektakulärer, als es in der Stadt gewöhnlich um diese Jahreszeit zugeht. Der Life Ball fällt aus – und geht in eine „kreative Pause“, wie Organisator Gery Keszler sagt, der den Ball „neu erfinden“ will. „Um das bewerkstelligen zu können, braucht man Strukturen, Konzepte und Zeit, mehr als man neben der Life-Ball-Vorbereitung finden kann“, sagte er in einer Videobotschaft. Keszler will das Jahr nutzen, um mit einem Berater neue Konzepte auszuarbeiten.

Das Event habe eine „dementsprechende Dimension“, dass Keszler anlässlich des anstehenden 25. Jubiläums das bisher Erreichte reflektieren will. „Ich überlege mir immer wieder, wie man dem Life Ball mehr Tiefe verleihen könnte. Ich sehe hier aber noch viel mehr Potenzial, was den Aufbau eines internationalen Netzwerks und auch mediale internationale Breitenwirkung anbelangt“, so Keszler.

Gewisser Frust war erkennbar

Um etwaigen Spekulationen um seinen Gesundheitszustand oder private Motive für einen Rückzug zuvor zu kommen, sprach Keszler das gleich selbst an: „Mir geht es gesundheitlich sehr gut. Ich kann sagen, dass ich durch mein Outing und die darauf folgenden Reaktionen jetzt erst Recht die Kraft und die Motivation für den spannenden Weg habe, der vor uns liegt.“

Keszler hatte heuer im Mai bei der Eröffnungsrede in einer sehr emotionalen Rede von seiner eigenen HIV-Infektion berichtet. Und schon damals ließ sich ein gewisser Unmut über die Entwicklung des Spendenballs erkennen: Von Jahr zu Jahr werde es schwerer, Gelder zu lukrieren. Er wisse nicht, ob er den Life Ball „nächstes Jahr noch braucht“, so Keszler im Mai – damals sichtlich sauer über das schwache Ergebnis bei der traditionellen Benefiz-Versteigerung, das klar hinter seinen Erwartungen zurückgeblieben war.Spekulationen um den Ball haben allerdings eine gewisse Tradition – so wie Unmutsäußerungen Keszlers darüber, dass der ernste Hintergrund des schrillen Fests, das Thema Aids, im Partytaumel ein wenig untergehe. 2010 etwa – in dem Jahr kam es zu einem medial ausgetragenen Konflikt zwischen Keszler und ORF – äußerte Keszler seinen Unmut, dass Medien sich nur auf die Prominenz einschießen würden – und sprach über seine eigene Nachfolger-Suche. Oder 2013, als Keszler nach Schwierigkeiten mit Zugangsbeschränkungen und Securities selbst die Frage stellte, ob angesichts behördlicher Auflagen die Durchführung im Rathaus weiter möglich sei. Das Team um Keszler hat bei bisher 23 Bällen Spenden in Millionenhöhe für den Kampf gegen Aids gesammelt. 1992 hat Keszler mit Torgom Petrosian den Verein Aids Life gegründet. Nachdem Petrosian an Aids erkrankt war, beschlossen seine Freunde, ein Charity-Event zu veranstalten. Seit der Erstauflage 1993 wurde dieses jedes Jahr pompöser und aufwendiger, die Gäste immer prominenter, die Partner-Organisationen internationaler.

„Erneut neue Maßstäbe“ 2017

Die österreichischen HIV-/Aids-Hilfsprojekte seien finanziell jedenfalls abgesichert, auch wenn der Ball 2016 ausfällt, versichert Keszler via Video. Und: „Ich verspreche euch allen, 2017 wird im Wiener Rathaus ein Life Ball stattfinden, der erneut neue Maßstäbe setzen wird.“ Die Veranstaltungen Red Ribbon Celebration Concert und First Ladies Luncheon werden 2016 aber über die Bühne gehen. Dass Keszler im Bezug auf den Ball von einer stärkeren Internationalisierung spricht, nährt Spekulationen. Dass der Ball abwandern könnte, zu einer Merchandise-Marke werden könnte?

Im Wien Tourismus will man davon nichts wissen. Schließlich ist der Life Ball international renommiert wie kaum eine Veranstaltung in Österreich, die Bruttowertschöpfung bezifferte das Instituts für Höhere Studien (IHS) 2012 mit knapp zehn Millionen Euro, 4,2 Millionen Euro Wertschöpfung entstanden allein in Wien.

Der direkte Umsatz, der der Wiener Wirtschaft – da besonders dem Tourismus – kommenden Mai fehlen wird, der lasse sich aber abfedern, heißt es vom Wien Tourismus. Das Wichtigste am Life Ball aus Tourismus-Sicht sei ohnehin das weltoffene, tolerante Image, das der Ball Wien gebracht hat. Dass der Life Ball ein Jahr nicht stattfindet, das tue diesem Bild der Stadt da keinen Abbruch. (cim)

AUF EINEN BLICK

2017 soll der nächste Life Ball im Wiener Rathaus stattfinden. Gery Keszler verspricht ein Event, das „neue Maßstäbe“ setzen soll. Bis dahin will der Life-Ball-Organisator die Veranstaltung „neu erfinden“ und mit einem Berater neue Konzepte ausarbeiten, um mehr Menschen zu erreichen. Schon heuer hatte sich abgezeichnet, dass Keszler mit der Entwicklung des Life Balls (und der Spendengelder) nicht zufrieden ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2015)

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