Adventeinbruch

Adventeinbruch oder: Was die Novembersonnenbäder mit den Schneekanonen zu tun haben.

Wintereinbruch also. Diese Formulierung ist unter den vier Jahreszeiten übrigens dem Winter exklusiv vorbehalten. Nie lesen wir etwas von Sommer-, Frühlings- oder Herbsteinbruch. Der Frühling kommt eher allmählich, von allerlei Boten ist da die Rede (Vogelgezwitscher, mehr Licht, Triebe – also diese und jene), ebenso wie der Herbst, der sich immer wieder kurz zeigt, es herbstelt, sagen wir dann an einem Tag, obwohl es am Tag davor noch unzweifelhaft Sommer war. Über den Sommer macht man sich überhaupt keine Gedanken, weil der Frühling genauso der Idealzustand ist wie der Frühsommer. Da bricht garantiert nichts ein.

Mit dem Wintereinbruch kommt auch noch der Adventeinbruch. Der erfolgt jedes Jahr plötzlich wie der erste Schnee, obwohl er ja im Kalender abzusehen ist. Dabei bleibt der Schnee ja nur ganz selten liegen, der Rollsplit dagegen viel, viel länger. Der knirscht oft noch auf dem Asphalt, wenn der Frühling schon längst eingebrochen ist.

Die erste Weihnachtsbeleuchtung in einer Einkaufsstraße, der erste Charity-Punschstand, das erste Mal „Last Christmas“ im Radio trifft uns trotzdem immer aufs Neue völlig unerwartet. Was schon???, könnte man die kollektive Reaktion zusammenfassen. Man müsste einmal eine Saison aussetzen mit Weihnachten, dann hätte man das Jahr drauf vielleicht das Gefühl, dass es wieder einmal Zeit für Weihnachten wäre.

Und weil wir schon beim Wetter sind: Es ist also amtlich, wir haben das wärmste Jahr hinter uns, seit es Aufzeichnungen gibt. Das muss man immer dazusagen, weil es gab natürlich schon viel wärmere Jahre, nur haben die Menschen da noch keine Rolle gespielt. Wirklich überraschen tut uns das ja nicht: Der Bikini hängt ja noch zum Trocknen draußen von unseren Novembersonnenbädern.

Was interessant ist: Wir gruseln uns alle lieber vor irgendwelchen Scheinbedrohungen, die wir recht wenig beeinflussen können. Dafür erklären wir den doch ziemlich evidenten Klimawandel gern zur Glaubenssache, um nichts dagegen unternehmen zu müssen. Wenn wir analog zur Schneekanone noch etwas für Sonnenschein entwickeln, sind wir künftig ohnehin klimaunabhängig.

Solange wir weiter über das Wetter reden können, ist das alles halb so wild. Bis wieder der Advent einbricht.

florian.asamer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2015)

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