Schon im Vorjahr baute das Unternehmen fast jeden zehnten Mitarbeiter ab. Retten wird das den Konzern nicht. Doch die teuren Investitionen in der Nordsee sind schwer abzuschütteln.
Wien. Die OMV hat einen neuen Finanzvorstand (siehe nebenstehenden Bericht). Bis der Österreicher Reinhard Florey sein Amt im Sommer antreten wird, kann das Unternehmen aber nicht abwarten. Angesichts des Preissturzes auf dem Erdölmarkt wird die OMV schneller reagieren müssen, um die Kosten unter Kontrolle zu bringen.
Der aktuelle Ölpreis von rund 30 Dollar je Fass setzt dem heimischen Öl- und Gaskonzern – wie dem Rest der Branche – stark zu. Eine Änderung ist nicht in Sicht. Erst am Dienstag warnte die Internationale Energieagentur, dass der Ölmarkt heuer „in einem Überangebot zu ertrinken“ drohe. Auch die OMV wird um einen schärferen Sparkurs – und teure Abschreibungen – wohl nicht umhinkommen. Zumal nach dem Ölpreis zuletzt auch der Gaspreis stark unter Druck gekommen ist. Das bisherige Sparprogramm reiche nicht, kündigte OMV-Chef Rainer Seele in den „Salzburger Nachrichten“ an. Auch Personalabbau sei denkbar.
Investitionen als Kostentreiber
Dabei ist es nicht so, dass die vergleichsweise hoch verschuldete OMV bisher nicht auf die fallenden Rohölpreise reagiert hätte. Vor einem Jahr wurden die geplanten Investitionen um ein Drittel gekürzt. Im Sommer verbuchte der Konzern eine Milliarde Euro Sonderabschreibungen. Und auch der Personalstand hat sich 2015 auffällig entwickelt: Wie die „Presse“ in Erfahrung bringen konnte, hat die OMV im Vorjahr rund 2000 Mitarbeiter abgebaut. Das ist fast jeder Zehnte der 25.000 Beschäftigten.
Auf Kündigungen sei dabei weitgehend verzichtet worden, heißt es. Vielmehr seien natürliche Personalabgänge „nur sehr vorsichtig und punktuell“ nachbesetzt worden. Ein kleiner Teil des Rückgangs hat mit der aktuellen Krise im Übrigen nichts zu tun. Seit der Übernahme der rumänischen Petrom baut die OMV dort jedes Jahr einige hundert Mitarbeiter ab.
Mit Jobabbau allein wird die OMV aber keinesfalls durch den Ölschock kommen. Im Jahr 2014 verursachten die Löhne der Mitarbeiter nach Berechnungen des Unternehmens nur knapp vier Prozent der Gesamtausgaben. Wie bei anderen Energiemultis auch, liegen die wahren Kostenblöcke bei der OMV anderswo.
Den größten Hebel für rasche Einsparungen bieten traditionellerweise die Investitionskosten. Im Vergleich zur Konkurrenz produziert die OMV im Schnitt um ein Zehntel teurer. Das liegt nicht zuletzt am letzten großen Coup des ehemaligen OMV-Chefs Gerhard Roiss. Er investierte 2013 zwei Milliarden Euro in Öl- und Gasfelder in der Nordsee. „Teuer, aber sicher“, lautete damals die Losung. Der Ölpreis lag damals jenseits der hundert Dollar. Heute sind manche Felder in der Nordsee nicht teuer, sondern schlicht unrentabel.
Kein Abschied aus der Nordsee
Es ist daher zu erwarten, dass Rainer Seele Mitte Februar einen Investitionsstopp in teureren Förderregionen ausrufen wird. Zumindest da, wo er das kann. Denn bei etlichen Projekten in der Nordsee hat das Unternehmen bereits so viel investiert bzw. so viele Investitionsverpflichtungen übernommen, dass sich ein sofortiger Stopp nicht lohnt. Kandidaten dafür sind die Ölfelder Edvard Grieg, Schiehallion in der britischen Nordsee und Aasta Hansteen, die gewaltige Gasplattform, die 2018 in Betrieb gehen soll. Dem Vernehmen nach soll die OMV noch gut fünf Milliarden Euro an Investitionsverpflichtungen in der Nordsee haben.
Billiger fördern in Sibirien
Einen Vorteil hat der niedrige Ölpreis für Rainer Seele dennoch. Er lässt den politisch umstrittenen Vermögenstausch mit der russischen Gazprom zumindest wirtschaftlich in deutlich besserem Licht scheinen. Wie berichtet, will sich die OMV nicht nur am Bau der zweiten Röhre der Nord Stream beteiligen, sondern auch in die Produktion in Russland einsteigen. Konkret geht es um eine knappe Viertelbeteiligung am sibirischen Öl- und Gasfeld Urengoi. Anders als in der Nordsee lasse sich in Russland auch bei Ölpreisen von 20 Dollar profitabel fördern, betonte Seele zuletzt. Was bisher fehlt, ist eine Antwort auf die Frage, was die OMV dafür zu geben bereit ist.
AUF EINEN BLICK
Der niedrige Ölpreis zwingt die OMV zu weiteren Sparmaßnahmen. Schon im Vorjahr wurden deutlich mehr Mitarbeiter abgebaut als in durchschnittlichen Jahren. Der große Hebel liegt bei den Investitionskosten. Doch hier sind OMV-Chef Seele die Hände teils gebunden. An einigen, auch teureren, Projekten in der Nordsee wird er wohl festhalten müssen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2016)